22.01.2004

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taz

*   Wirtschafts-Eliten lächeln vor Gericht 
Von Pascal Beucker

Seit gestern müssen sich der Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann und fünf weitere Angeklagte im bisher spektakulärsten deutschen Wirtschaftsprozess verantworten. Sie sollen bei der Übernahme von Mannesmann Millionen veruntreut haben.

Josef AckermannDemonstrativ gut gelaunt betritt Josef Ackermann durch den Haupteingang das Gerichtsgebäude. Mit gewohnt strahlendem Lächeln und mehreren Bodyguards an seiner Seite bahnt sich der mächtige Chef der Deutschen Bank seinen Weg durch Reporter und Kameras in den holzgetäfelten Verhandlungssaal L 111 des Düsseldorfer Landgerichts. Doch ehe er auf der Anklagebank Platz nimmt, vergisst er nicht, den Prozessbeobachtern noch schnell seine Sicht des Prozesses mitzuteilen: "Das ist das einzige Land, wo diejenigen, die erfolgreich sind und Werte schaffen, deswegen vor Gericht stehen."

Topmanager Ackermann ist der unbestrittene, wenn auch unfreiwillige Star im Mannesmann-Prozess, der gestern begann. Sein Verteidiger Eberhard Kempf ließ denn auch keinen Zweifel daran, dass Ackermann ein schnelles Ende des Verfahrens wünsche: "Jeder Weg, so schnell wie möglich: The fastest way out is the best."

Den Mitangeklagten Klaus Esser begrüßte Ackermann siegessicher mit einem V-Zeichen. Der frühere Mannesmann-Chef hatte es vorgezogen, durch den Journalisteneingang ins Gericht zu gelangen. Ex-IG-Metall-Chef Klaus Zwickel wurde per Handschlag von Ackermann begrüßt. Der einst mächtigste Gewerkschaftsboss Europas verlor für einen kurzen Moment die Orientierung, bis er dann doch noch seinen Weg in den verwinkelten Landgerichtsgängen fand. Bevor er im Gerichtssaal entschwand, sagte er in die Mikrofone: "Mir geht es gut." Doch diesen Eindruck macht er nicht gerade.

Auch nicht auf die Vorsitzende Richterin Brigitte Koppenhöfer. Während Staatsanwalt Johannes Puls die Anklage verliest, unterbricht sie ihn kurz. "Geht es Ihnen nicht gut, Herr Zwickel?", fragt sie besorgt. Doch der einst als "linker Rabauke" Titulierte, der sich bei der Abstimmung im Aufsichtsrat über den Geldregen für die Mannesmann-Manager brav enthalten hatte, winkt ab.

In dem bis Ende Juni terminierten Prozess geht es um die Übernahme Mannesmanns im Frühjahr 2000 durch den britischen Mobilfunkriesen Vodafone. Dabei flossen 24,5 Millionen Euro an Vorstände und 32,5 Millionen Euro an Mannesmann-Pensionäre - nach Darstellung der Staatsanwaltschaft ohne Rechtsgrundlage. Sie wirft den Angeklagten vor, sich bewusst über das Aktienrecht hinweggesetzt zu haben. Durch die Prämien und Pensionen sei "ein Vermögensverlust großen Ausmaßes" verursacht worden. Denn die Auszahlung der Beträge sei nur zum Vorteil der Begünstigten, aber nicht des Unternehmens gewesen. Der damalige Mannesmann-Chef Esser und der Aufsichtsratsvorsitzende Joachim Funk, der ebenfalls angeklagt ist, hätten sich "unrechtmäßig bereichert". Ackermann, Zwickel und andere Ex-Aufsichtsräte von Mannesmann hatten mit ihrer Zustimmung die Ausschüttung der Beträge ermöglicht.

Der Auftakt war geprägt durch taktische Manöver der Verteidigung und daraus resultierende mehrfache Unterbrechungen. So versuchten die Ackermann-Verteidiger, das ganze Verfahren zu Beginn zum Platzen zu bringen - wegen schwerer Formfehler. Denn es sei unzulässig an die 14. Strafkammer des Gerichts gegangen. Den Antrag der Verteidiger, die Zuständigkeit der Kammer zu prüfen, lehnte das Gericht jedoch umgehend ab.


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