03.02.2004

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taz

*   Schwarze und Grüne mögen sich 
Von Pascal Beucker und Frank Überall

Seit einem Jahr regiert Schwarz-Grün in Köln, und beide Parteien sind zufrieden mit der "sehr konstruktiven" Zusammenarbeit. Ein Modell auch anderswo in Deutschland? Da schweigen beide Parteien lieber. Aber ausgeschlossen wird nichts mehr.

Volker Beck bleibt vorsichtig: "Ich glaube weder, dass Köln für den Bund noch für die Länderebene ein Modell ist." Die schwarz-grüne Rathaus-Koalition sei schon "eine ganz kommunalpolitische Entscheidung" gewesen, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der grünen Bundestagsfraktion.

Aber es ist ein Modell, das funktioniert: Bei den Kölner Grünen gibt es keine Flügelkämpfe und keine Grundsatzdiskussionen wegen der immer noch ungewöhnlichen Farbenkombination. Das zeigte sich zuletzt am Wochenende, als der Kölner Kreisverband seine Kandidatenliste für die Kommunalwahl am 26. September wählte. Die Grünen-Chefin Barbara Moritz meint zu dem seltenen Bündnis: "In der Gesamtbetrachtung würde ich sagen: eher positiv."

Seit genau einem Jahr hält die schwarz-grüne Vernunftehe, die aus der Not geboren wurde, weil keine anderen Mehrheiten zustande kamen. Inzwischen ist auch die CDU angetan. So lobt ihr Fraktionschef Karl Jürgen Klipper: "Es war eine äußerst konstruktive Zusammenarbeit."

Kölns Grünen-Chefin weiß allerdings, dass die tatsächliche Bewährungsprobe noch bevorsteht - die kommende Kommunalwahl. "Wir müssen abwarten, wie die Wähler das sehen." Für die Kölner Grünen gilt es immerhin, ein Wahlergebnis von 15,7 Prozent zu verteidigen.

Moritz ist überzeugt, dass in Köln Verwerfungen wie einst in Mülheim nicht zu befürchten sind. Dort havarierte auf den Tag genau heute vor fünf Jahren die bundesweit erste schwarz-grüne Koalition in einer kreisfreien Stadt. Das lag nicht zuletzt an orkanartigen innerparteilichen Turbulenzen, an denen die örtlichen Grünen beinahe zerbrochen wären. Die Folgen des gescheiterten Experiments waren fatal: Bei der Kommunalwahl acht Monate später stürzte die Partei von 14,7 auf 6 Prozent ab und hatte nur noch einen denkbar knappen Vorsprung von 0,5 Prozent vor einer Bürgerinitiativenliste, die sich vorher abgespalten hatte. Aber das waren noch andere Zeiten, sagt Moritz: "Jeder Tabubruch, alles Neue, das dauert, bis sich das durchsetzt." Heute seien die Grünen "in der Normalität der Gesellschaft angekommen, und da sind alle Kombinationen möglich".

Auch CDU-Bundespräsidiumsmitglied und NRW-Landtagsfraktionsvize Hermann-Josef Arentz glaubt, dass sich Schwarz-Grün bewährt hat: "In Köln hat es ausgesprochen gut funktioniert." Ein solches Bündnis würde dann halten, "wenn die Schnittmengen an Überzeugungen groß genug sind und das menschliche Klima der handelnden Personen stimmt." Aber auch für ihn ist "die große Frage, ob die Wähler in Köln diese Konstellation bestätigen". Falls ja, wäre das "eine deutliche Ermutigung für solche Koalitionen", so der Kölner, der trotzdem von überregionalen Gedankenspielen nichts wissen will: "Im Bund und in NRW sind Koalitionsspekulationen zurzeit völliger Unfug." Die CDU müsste in Nordrhein-Westfalen "Tinte gesoffen haben, wenn wir bei Umfrageergebnissen von 48 Prozent für die CDU überhaupt Koalitionen ins Gespräch bringen."

Auch die Landesgrünen wollen derzeit nichts von Schwarz-Grün wissen. "Das ist nicht unsere Option für die nächste Landtagswahl", sagt die grüne Landesumweltministerin Bärbel Höhn - obwohl sie "sich langfristig vorstellen kann, dass es auch zu anderen Konstellationen als Rot-Grün kommen kann". Demgegenüber kann sich Schleswig-Holsteins grüne Justizministerin Anne Lütkes jetzt schon anderes vorstellen. Zwar sieht die Vorgängerin von Moritz als Kölner Fraktionschefin "auf Bundesebene gegenwärtig keine Option in Richtung CDU". Aber es sei "richtig für die Landesebenen, diese Option zu prüfen - und zwar natürlich im Saarland, aber auch aktuell in Hamburg", so Lütkes zur taz. Wichtig sei jedoch vor allem, dass "Grün selbstständig arbeitet und weder ein Anhängsel der SPD noch der CDU sein darf".


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