02.04.2004

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taz

*   "Sorglos gegenüber Risiken aller Art" 
Von Pascal Beucker

Weltweit finanziert die WestLB Projekte im Bergbau, Ölpipelines und Staudämme. Laut einer aktuellen Studie fördert sie so Umweltzerstörung, die Verletzung von Menschenrechten sowie Korruption - und sie verspielt damit öffentliches Kapital.

Das Zeugnis könnte nicht verheerender ausfallen: Geradezu systematisch finanziere die Westdeutsche Landesbank (WestLB) Korruption, Umweltzerstörung und die Verletzung fundamentaler Menschenrechte mit, sagen die Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen Urgewald und Südwind: Die beiden Organisationen stützen sich auf eine Studie, die sie gestern in Düsseldorf vorstellten.

In dieser 72-seitigen Untersuchung mit dem Titel "International und katastrophal - das Projektfinanzierungsgeschäft der WestLB" zeigen Südwind und Urgewald: Die von Umweltschützern im letzten Jahr stark kritisierte WestLB-Finanzierung für eine Pipeline in Ecuador, die durch Erdbebengebiete und nahe an Vulkanen vorbeiführt, ist kein Einzelfall.

Immer wieder, hieß es gestern, habe die Bank in Entwicklungs- und Schwellenländern in Öl, Gas, Bergbau und Energie investiert - und damit in ökologisch und entwicklungspolitisch sensible Sektoren. Dazu zählen die Autoren der Studie beispielsweise den Birecik-Staudamm am Euphrat und die Lihir-Goldmine in Papua-Neuguinea. Auch in die Kupfer-Gold-Mine Alumbrera in Argentinien und das Kohlekraftwerk Paiton II in Indonesien floss Geld der WestLB. Und erst Ende Januar unterzeichnete die Bank als Mitglied eines Konsortiums den Finanzierungsvertrag für die 1.800 Kilometer lange Baku-Tiblissi-Ceyhan-Ölpipeline von Aserbaidschan über Georgien an die türkische Mittelmeerküste. Die 40 Meter breite Trasse zur Verlegung der Röhren gehe durch eine "Schatzkammer der Artenvielfalt", warnte unlängst der World Wide Fund for Nature.

"Es war eine bewusste Strategie der Bank, das risikoreiche Geschäftsfeld der Projektfinanzierung massiv auszuweiten", bilanzierte Antje Schneeweiß von Südwind. Genau dieses Engagement sei aber mit der Finanzierung von Projekten einhergegangen, die ökologische und soziale Risiken in sich trügen. Die Bank habe es versäumt, ausreichende Kontrollmechanismen zu installieren.

Die Sorglosigkeit, die die WestLB im Hinblick auf Menschenrechte und Umweltschutz präge, finde sich auch in ihrem Umgang mit ökonomischen und finanziellen Risiken - und habe geradewegs in die Krise der WestLB geführt, die mittlerweile auch das Land Nordrhein-Westfalen in die Enge treibt.

Die Eigentümer, nämlich das Land NRW, die Sparkassen- und Giroverbände Rheinland und Westfalen-Lippe sowie die beiden Landschaftsverbände, hätten durch ihre mangelnde Aufsicht viel öffentliches Kapital verspielt, kritisieren Südwind und Urgewald. Gerade die Sparkassen sollten sich deshalb gut überlegen, ob sie der Bank frisches Kapital zur Verfügung stellen. Das gelte zumindest, solange die WestLB auf Projekte setze, die "zu Umweltdesastern und Vertreibungen der lokalen Bevölkerung führen", sagte Heffa Schücking von Urgewald.

Sie forderte ein grundsätzliches Umdenken. "Die Bank muss endlich Farbe bekennen, welche Rolle der umstrittene Projektfinanzierungsbereich in der zukünftigen Geschäftsstrategie spielen soll", so Schücking. Der neue Vorstandschef Thomas Fischer und die Anteilseigner der WestLB müssten jetzt nicht nur die finanzielle Bilanz der WestLB bereinigen, sondern auch die ökologischen und sozialen Altlasten der Bank angehen.


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