27.05.2004

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taz

*   Kalif darf Köln verlassen
Von Pascal Beucker

Der islamistische Extremist Metin Kaplan kann in die Türkei abgeschoben werden. Gericht sieht keine rechtlichen Hindernisse für Abschiebung. Revision zugelassen.

Metin Kaplan darf in die Türkei abgeschoben werden. Das entschied gestern das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster. Es lägen keine schwerwiegenden Hindernisse für die Abschiebung in die Türkei vor. Dem selbst ernannten "Kalifen von Köln" drohe in der Türkei "nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Folter oder erniedrigende Behandlung", befand der Vorsitzende Richter Max Seibert zur Begründung

Es werde zwar nach wie vor in der Türkei gefoltert. Dies gelte jedoch vor allem für den im Fall Kaplan nicht zutreffenden Polizeigewahrsam. Zudem sei der 51-jährige Islamistenführer wegen seiner Prominenz und damit einhergehender Beobachtung durch Medien, Menschenrechtsorganisationen oder EU-Kommission nicht mit anderen türkischen Staatsbürgern vergleichbar. So sei auch im Fall des PKK-Vorsitzenden Öcalan bislang keine menschenrechtswidrige Behandlung oder Folter festgestellt worden.

Mit seinem Urteil korrigierte das OVG eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln. Das hatte eine Abschiebung Kaplans in die Türkei untersagt, weil ihm dort ein nicht rechtsstaatliches Gerichtsverfahren drohe. Gegen den Kölner Richterspruch hatte die Bundesregierung Berufung einlegt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der 8. Senat ließ ausdrücklich die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu.

Um eine mögliche Blitzabschiebung ihres Mandanten zu verhindern, hatte Kaplans Verteidigerin Ingeborg Naumann gestern dem Gericht zwei ärztliche Atteste vorgelegt, nach denen Kaplan an Prostatakrebs erkrankt und derzeit nicht reisefähig ist. Gleichzeitig beantragte Naumann beim Verwaltungsgericht Köln schriftlich eine einstweilige Anordnung, mit der der Bundesrepublik untersagt werden soll, Kaplan vor der Rechtskraft des Münsteraner Urteils abzuschieben. NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) betonte demgegenüber, Land und Bund würden sich selbstverständlich an rechtsstaatliche Grundsätze halten.

Kaplan war im November 2000 wegen eines öffentlichen Mordaufrufs zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Sein "Kalifatsstaat" wurde im Dezember 2001 vom Bundesinnenminister verboten.


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