29.05.2004

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taz

*   Kalif ist doch ein kölsche Jong 
Von Pascal Beucker

Metin Kaplan befindet sich nach Auskunft seiner Anwältin in Köln. Am Dienstag will sich Kaplan wieder bei der Polizei melden. Mit seinem Verschwinden hat der Kalif seine Blitzabschiebung verhindert. Anwältin setzt auf lange Revisionsfristen.

Der von Abschiebung bedrohte Metin Kaplan bleibt verschwunden - und ist offenbar doch nicht weg. "Wir haben keine Hinweise auf seinen Aufenthaltsort", verkündeten gestern gleich lautend Polizei und Stadt Köln. Demgegenüber bekundete seine Anwältin Ingeborg Naumann, der Islamist habe sich "schon immer in Köln aufgehalten und befindet sich auch zurzeit dort".

Kaplan werde seine Auflagen erfüllen und sich kommende Woche bei der Polizei entweder "persönlich melden oder ein neues ärztliches Attest vorlegen". Nach Naumanns Angaben leidet ihr Mandant unter Prostatakrebs, der Leber und Darm befallen hat. Die Polizei hatte den "Kalifen von Köln" am Mittwochabend nicht in seiner Kölner Wohnung angetroffen. Daraufhin war er europaweit zur Fahndung ausgeschrieben worden.

Gestern präsentierte Anwältin Naumann eine schlichte Erklärung für Kaplans Abwesenheit: "Er hat einen Besuch gemacht." Damit entkam der Kalif möglicherweise seiner Blitzabschiebung. Die droht ihm inzwischen nicht mehr. Denn am Donnerstag entschied das Kölner Verwaltungsgericht, Kaplan dürfe in den nächsten zwei Monaten nicht abgeschoben werden. Daraufhin musste der gegen ihn erwirkte Haftbefehl zurückgenommen und die Fahndung eingestellt werden. Zur Begründung verwies das Gericht auf die Weigerung der Stadt, "auch nach einem ausdrücklichem gerichtlichen Hinweis" zuzusagen, den 51-Jährigen nicht vor dem Abschluss der gerichtlichen Überprüfung im Eilverfahren abzuschieben.

Die Stadt Köln verzichtete inzwischen "aus prozessstrategischen Gründen" auf Rechtsmittel gegen den Verwaltungsgerichtsbeschluss. Durch dieses Vorgehen verspreche sich die Stadt eine kürzere Verfahrensdauer bis zur endgültigen rechtskräftigen Entscheidung über eine Abschiebung Kaplans in die Türkei, sagte Sprecherin Inge Schürmann.

Bis dahin kann es allerdings noch einige Zeit dauern. Anwältin Naumann zeigte sich zuversichtlich, dass ihr Mandant auch nach Ablauf der jetzt gewährten Zweimonatsfrist weiterhin in der Bundesrepublik bleiben wird: "Es wird in den nächsten zwei Monaten nichts passieren, und es wird auch längere Zeit nichts passieren." Der Grund für ihren Optimismus: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wird wohl frühestens in einem Vierteljahr über den Fall entscheiden können. Allein die Frist, in der Naumann die Revision gegen das Abschiebeurteil des Münsteraner Oberverwaltungsgericht einlegen und begründen kann, beträgt zwei Monate.

Wie Stadtsprecherin Schürmann betonte, hält sich Kaplan zurzeit illegal in der Bundesrepublik auf. Seit dem Münsteraner Urteil vom Mittwoch verfüge er nicht mehr über eine Duldung. "Deshalb hat er zurzeit keine gültigen Papiere", sagte die Sprecherin. Die Polizei könne ihn jederzeit aufgreifen und zum Ausländeramt bringen, wo dann sein Status festgestellt werden müsste.

Nachdem Naumann gestern die Duldungsverlängerung beantragt hat, hat die Stadt nun Kaplan für den kommenden Dienstag offiziell vorgeladen. Bis dahin dürfte der "Emir aller Gläubigen" für die Öffentlichkeit unsichtbar bleiben. Ihr Mandant werde nicht vor die Medien treten, kündigte Naumann an. "Meinen Sie, ich werde Kaplan den Medien zum Fraß vorwerfen? Wenn er A sagt, wird berichtet, er habe Z gesagt."


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