16.07.2004

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taz

*   Kölner Polizei hat neuen Skandal 
Von Pascal Beucker

Beamte eines Spezialeinsatzkommandos sollen zwei Personen erschossen und die Todesfälle anschließend vertuscht haben. Auch Betrug und Drogentransporte werden den Polizisten vorgeworfen. Innenminister Behrens fordert harte Konsequenzen.

Die Kölner Polizei wird erneut von einem Skandal erschüttert. Polizeipräsident Klaus Steffenhagen hat ein komplettes Spezialeinsatzkommando (SEK) aufgelöst, weil Mitglieder der Einheit schwere Straftaten begangen haben sollen. Der Kommandoführer wurde von seinen Aufgaben entbunden; sieben weitere SEK-Beamte wurden vom Dienst suspendiert. Die Polizei durchsuchte Wohnungen und Diensträume der Verdächtigen.

Wie Steffenhagen zusammen mit dem Leiter der Staatsanwaltschaft, Jürgen Kapischke, gestern im Kölner Polizeipräsidium mitteilte, wird gegen fünf Beamte wegen fahrlässiger Tötung im Zusammenhang mit zwei ungeklärten Vorfällen vom Juli 2001 und Februar dieses Jahres ermittelt. Außerdem stehen SEK-Mitglieder im Verdacht der Körperverletzung im Amt, der versuchten Strafvereitelung, des Diebstahls und Betrugs sowie des unerlaubten Umgangs mit Betäubungsmitteln.

Hintergrund der seit etwa drei Wochen laufenden Ermittlungen ist unter anderem ein Einsatz im Juli 2001, bei dem in der Nähe von Hennef bei Bonn ein bewaffneter Mann ums Leben kam. Die beteiligten SEK-Kräfte hatten den Tod des Sportschützen als Selbsttötung dargestellt. Doch an dieser Version bestehen inzwischen gravierende Zweifel. Der Verdacht der Ermittler: Der tödliche Schuss könnte aus der Dienstwaffe eines SEK-Beamten stammen. Überprüft wird ebenfalls das Verhalten von Beamten, die im September 2000 bei einer Festnahme in Siegburg einen Mann schwer verletzt hatten. Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch Hinweise "aus den eigenen Reihen" nach dem Tod eines SEK-Beamten, der im Februar bei einer Übung in Köln von einem Kollegen "aus Versehen" erschossen wurde. Auch hier besteht der Verdacht auf mögliche Absprachen unter den beteiligten Polizisten.

Nähere Einzelheiten wollten Staatsanwaltschaft und Polizei wegen der laufenden Ermittlungen nicht mitteilen. So machten die Behörden auch bezüglich der möglichen Drogendelikte der Verdächtigen nur vage Angaben: Demnach geht es unter anderem um den Transport von Drogen in Autoreifen. Außerdem werde gegen zwei weitere Beamte ermittelt, weil sie bei einer SEK-Feier Haschisch konsumiert haben sollen.

Auch wenn "noch nichts Abschließendes bewiesen" sei, äußerte Steffenhagen sich "zutiefst betroffen". Oberstaatsanwalt Kapischke sprach von "erschreckenden und gravierenden Vorwürfen". Die Beschuldigten hätten die Taten nach derzeitigem Ermittlungsstand bewusst begangen und im Rahmen von Einsätzen vertuscht. Es sei möglich, dass Vorgesetzte das Fehlverhalten gedeckt und auf eine Anzeige verzichtet hätten.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD) forderte in Düsseldorf eine "schnelle und rückhaltlose Aufklärung". "Wenn sich der Verdacht gegen die Beamten bewahrheitet, muss das harte strafrechtliche und dienstrechtliche Konsequenzen haben", so Behrens. Er betonte: "Hier wird nichts unter den Teppich gekehrt."


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