24.09.2004

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taz

*   Wahlsplitter
Von Pascal Beucker

FRAUENPOWER

Nur 20 der 396 Kommunen in NRW werden bislang von Frauen regiert. Doch das könnte sich am Sonntag ändern. Denn 130 Kandidatinnen der vier im Landtag vertretenen Parteien bewerben sich als Bürgermeisterin. Für das Amt der Oberbürgermeisterin haben zudem die Grünen sieben, die FDP sechs und die SPD fünf Kandidatinnen nominiert. Die CDU schickt zwei ins Rennen - Sabine Verheyen in Aachen und Pia Heckes in Bonn. Allerdings werden ihnen wenig Chancen eingeräumt. Das Bonner Stadtoberhaupt bleibt trotzdem weiblich. Denn außer Heckes treten die favorisierte SPD-Amtsinhaberin Bärbel Dieckmann und die Grüne Doro Paß-Weingartz an. In Frauenhand bleibt auch Mülheim an der Ruhr. Die Amtszeit der Sozialdemokratin Dagmar Mühlenfeld läuft bis 2009, da sie erst Ende 2002 als Nachfolgerin des über eine Liebesaffäre gestolperten CDU-Oberbürgermeisters gewählt wurde.

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GREENHORNS

25 Jahre nach ihrer Gründung haben die NRW-Grünen am Sonntag eine Premiere: Erstmalig stehen sie auch auf dem Wahlzettel im tiefschwarzen Meschede. Die Straßen der sauerländischen 20.000-Einwohner-Stadt, soll einst der jugendliche Friedrich Merz als unbehelmter Rocker auf einem frisierten Mofa unsicher gemacht haben. Eigentlich wollten auch die örtlichen Grünen weiterhin "außerparlamentarische Opposition" bleiben. Aber beflügelt von sensationellen 7,2 Prozent im Ort bei den Europawahlen, entschied sich der nur 25 Mitglieder zählende Ortsverband kurz vor Ende der Bewerbungsfrist doch noch für seine historische Kandidatur. "Wir werden als echte Greenhorns hier endlich mal mitgestalten können", gibt sich der grüne Spitzenkandidat Herbert Goffin kämpferisch-optimistisch. Die Grünen wollen sich zwei der 44 zu vergebenden Mandate für den Mescheder Stadtrat sichern.

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ALTE LIEBE DKP

Bottrop und die Kommunisten - das ist eine lange Liebesgeschichte. Über alle Wirrnisse der Geschichte hinweg blieben sie sich treu. So saßen seit 1945 eigentlich immer Rote im Rat der 121.000 Einwohner zählenden Ruhrgebietsstadt. Sogar in der Zeit zwischen KPD-Verbot und DKP-Gründung: Da wählten die Bottroper halt den Kommunisten Clemens Kraienhorst als "unabhängigen" Kandidaten. Nach ihm ist heute eine Straße benannt. Die einzige Ausnahme der außergewöhnlichen roten Erfolgsgeschichte: 1994 folgten für die DKP nach bitteren 3,8 Prozent fünf dunkle außerparlamentarische Jahre. Doch dank des Wegfalls der Fünfprozenthürde konnte die Partei 1999 mit 4,4 Prozent - und damit gleichauf mit den Grünen und deutlich vor der FDP - in Fraktionsstärke wieder in den Rat einziehen. Jetzt hofft die DKP auf über 9 Prozent. Das hatte sie das letzte Mal 1989 - einen Monat vor dem Fall der Mauer.

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MARX AUF SCHALKE

Die Augen der kommunistischen Welt richten sich aber am Sonntag auf Gelsenkirchen. Denn das Armenhaus des Westens beherbergt das Zentralkomitee der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD). Dessen Mitglieder seien "relativ präsent", und "kommen alle aus Baden-Württemberg", berichtet Gelsenkirchens OB Oliver Wittke - was zumindest für ZK-Mitglied Monika Gärtner-Engel gilt. Die kennt der CDUler seit fünf Jahren persönlich. Denn damals zog die 52-jährige Organisatorin der Gelsenkirchener Montagsdemos mit 2,3 Prozent zusammen mit einem weiteren Genossen für das MLPD-Bündnis "AUF Gelsenkirchen" in den Rat ein. Diesmal rechnet sie mit deutlich über 5 Prozent. Ihr Mann, MLPD-Chef Stefan Engel, warnt indes vor falschen Hoffnungen: Die Wahl "wird für uns ein relatives Stimmungsbarometer sein - mehr können Wahlen im staatsmonopolistischen Kapitalismus ohnehin nicht bedeuten".

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GETARNTE RECHTE

"Rechtsextremisten sind in Nordrhein-Westfalen nicht salonfähig", gibt sich NRW-Verfassungsschutzchef Hartwig Möller vor den Wahlen optimistisch - selbst nach deren Erfolgen in Brandenburg und Sachsen. Seine Zuversicht stützt sich darauf, dass die "Republikaner" nur in 18, die NPD in elf und die DVU in zwei Kommunen auf dem Wahlzettel stehen. Daneben kandidieren allerdings noch rechtspopulistische Kandidaten wie die der "Offensive D" in Dortmund, hinter der sich die "Partei Rechtsstaatliche Offensive" verbirgt, oder die Partei "Ab jetzt … Bündnis für Deutschland", die in der Stadt Siegburg und im Rhein-Sieg-Kreis antritt. Beide Gruppierungen haben bereits Ratsmandate. Hinzu kommen noch einige Listen, die sich namentlich nicht als rechtsextremistisch zu erkennen geben. So beispielsweise die "Bürgerbewegung pro Köln" um den in Nazikreisen bekannten Verleger Manfred Rouhs.


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