28.09.2004

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taz

*   In Köln sieht Grün schwarz
Von Pascal Beucker

NRW wählt uneinheitlich: Außerhalb des Ruhrgebiets bleibt die CDU dominant. Nur nicht in der Domstadt, wo sie mit den Grünen regierte.

Das schwarz-grüne Experiment in Köln ist abgewählt. Das ist das wohl sensationellste Ergebnis der nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen. Aufgrund der erdrutschartigen Verluste von 12,5 Prozent die CDU reicht es nicht mehr für die bisherige Koalition.

So waren am Wahlabend im Kölner Rathaus die Gesichter besonders lang bei denen, deren eigenes Abschneiden ihnen eigentlich Grund für gute Laune bot: Mit einem Zuwachs von 0,8 Prozent auf 16,5 Prozent haben es die Grünen augenscheinlich geschafft, ihr Wählerklientel von dem ungewohnten Farbenspiel zu überzeugen. Doch es nützt ihnen nichts. Denn bei 32,7 Prozent für die CDU und 30,9 Prozent für die SPD reicht es weder mit den Christ- noch mit den Sozialdemokraten zu einer Mehrheit. So wird Köln zukünftig wohl von einer großen Koalition regiert werden. "Das ist für Köln der Super-GAU", kommentierte diese Aussicht die sichtlich geschockte grüne Ratsfraktionsvorsitzende Barbara Moritz.

Was für die Kölner CDU ihr Wahldesaster etwas erträglicher macht: Sie stellt mit Fritz Schramma weiterhin den Oberbürgermeister. Im September 2000 für seinen verstorbenen Amtsvorgänger nachgewählt, dauert seine Amtszeit aufgrund einer Tücke im Wahlrecht noch bis 2009. Andere Oberbürgermeister in Nordrhein-Westfalen haben dieses Glück indes nicht - und vielen bleibt nicht einmal ein zweiter Wahlgang am 10. Oktober erspart.

So muss Gelsenkirchens OB Oliver Wittke kräftig zittern. Er landete am Sonntag mit 42,9 Prozent nur denkbar knapp vor seinem SPD-Herausforderer Frank Baranowski, der auf 41,7 Prozent kam. Damit liegt Wittke zwar deutlich besser als seine Partei, die mit 35,4 Prozent und einem Rückstand von über sechs Prozent diesmal wieder der SPD den Vortritt lassen musste - aber ob das für die Stichwahl reichen wird?

Zuversichtlicher kann hingegen sein Parteifreund Wolfgang Reiniger dem zweiten Wahlgang entgegensehen. Das Essener Stadtoberhaupt liegt mit 49 Prozent deutlich vor dem SPD-Kandidaten Reinhard Paß, der nur 36,4 Prozent erreichte. In der Ruhrgebietsmetropole liegt auch die CDU weiterhin klar vor der SPD. Umgekehrte Vorzeichen in Dortmund: In der "Herzkammer der Sozialdemokratie" führt SPD-Amtsinhaber Gerhard Langemeyer mit 48,1 gegenüber 33,4 Prozent eindeutig vor dem CDU-Konkurrenten Frank Hengstenberg.

Eine Sensation bahnt sich in Duisburg ab. Hier liegt der CDU-Mann Adolf Sauerland mit 40,1 Prozent überraschend vor der sozialdemokratischen Titelverteidigerin Bärbel Zieling, die auf 37,6 Prozent abstürzte. Mit 32,3 Prozent geradezu aussichtslos ist die Situation für den skandalumwitterten Hans Kremendahl in Wuppertal. Der Genosse dürfte in zwei Wochen wohl von Peter Jung abgelöst werden. Der Christdemokrat kam im ersten Wahlgang auf 47 Prozent. Auch in Bielefeld, Bochum, Herne, Leverkusen, Mönchengladbach oder Münster wird es Stichwahlen geben.

Jubeln dürfen die Sozialdemokraten in Aachen und Bonn. Denn sowohl Jürgen Linden in Aachen als auch Bärbel Dieckmann in Bonn schafften im ersten Wahlgang die notwendige absolute Mehrheit und bleiben somit im Amt. Dieses Kunststück gelang auch dem Christdemokraten Thomas Hunsteger-Petermann in Hamm und - wenn auch mit 50,4 Prozent nur knapp - der Skandalnudel Joachim Erwin in Düsseldorf. Der erzkonservative CDU-Mann hatte zuletzt Ärger mit den Steuerbehörden und machte zudem Schlagzeilen, als er den damals einzigen PDSler in seinem Ratsparlament einen "verrückten Kommunisten" schimpfte - und vor Gericht deshalb verlor.

So werden auch weiterhin führende Genossen lieber als in die Landeshauptstadt nach Oberhausen schauen. Denn dort gibt es etwas, was früher im Ruhrgebiet der Normalfall, seit fünf Jahren andernorts jedoch nur noch nostalgische Reminiszenz ist: Nicht nur, dass Klaus Heinrich Wehling mit 53,9 Prozent direkt zum Nachfolger des nicht mehr angetretenen Burkhard Drescher gewählt wurde - auch der Stadtrat bleibt in absoluter SPD-Hand.

Von solchen Resultaten können die Grünen nur träumen. Aber auch für sie war der vergangene ein erfolgreicher Wahlsonntag. Landesweit erzielten sie mit 10,3 Prozent das beste Ergebnis an Rhein und Ruhr seit ihrer Parteigründung. Zwar immer noch mit einigen Problemen im ländlichen Raum und in den traditionellen Arbeiterstädten, konnten sie zudem ihr ohnehin bereits hohes Niveau in den Großstädten außerhalb des Ruhrgebiets nochmals weiter steigern. So kamen die Grünen beispielsweise in Bielefeld auf 15,5, in Bonn auf 16,2, in Aachen auf 17,6 und in Münster sogar auf fulminante 19,4 Prozent der Stimmen.

Freuen können sich die Grünen allerdings auch über die kleinen Dinge des Lebens: Im sauerländischen Meschede, wo sie das erste Mal in ihrer Geschichte kandidierte, sitzt die Partei nun mit 4,6 Prozent der Stimmen und zwei Sitzen im tiefschwarzen Gemeinderat. Wahlziel erreicht.


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