06.10.2004

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*   KOMMENTAR: Berufsbeamte unter Artenschutz
Von Pascal Beucker

Wenn alle jubeln, muss etwas faul sein. Die vollmundig verkündete "grundlegende Modernisierung" des Beamtenrechts ist eine Mogelpackung. Denn die Ankündigung, Beamte würden künftig nach Leistung bezahlt, erweist sich bei näherer Betrachtung als ein guter PR-Gag. Tatsächlich geht es Bundesinnenminister Otto Schily ebenso wie dem Lobbyverband "Deutscher Beamtenbund" und leider auch der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di vor allem um eine Bestandsgarantie für das antiquierte deutsche Berufsbeamtentum. Dafür lassen sie sich auf einige öffentlichkeitswirksame - auch durchaus sinnvolle - Korrekturen ein. Mehr aber auch nicht.

Schilys Reformvorschläge reichen nicht aus - können sie auch gar nicht. Der öffentliche Dienst muss grundlegend reformiert werden. Das bedeutet: Ein Relikt obrigkeitsstaatlicher Verwaltungsorganisation, wie das deutsche Berufsbeamtentum, muss abgeschafft werden. Auch in Ländern wie der Schweiz hätten sich manche noch vor kurzem kaum vorstellen können, dass es sich auch ganz gut ohne Beamte leben lässt. Inzwischen wissen sie: Es geht.

Schilys Pläne, die es Dienstvorgesetzten zukünftig erlauben, regelmäßig Leistungsbewertungen anzufertigen, dürften zumindest viel Spaß bringen: Mal sehen, wie ein Schulrektor oder ein Polizeipräsident "objektiv und transparent" feststellt, ob ein Lehrer oder ein Polizist ein "Normalleister" ist - oder ob ihm etwas vom Einkommen abzuziehen oder aufzuschlagen ist. Da beim Geld aber bekanntlich der Spaß aufhört, dürften etliche Fälle vor Gericht geklärt werden - auch eine Form von Beschäftigungsprogramm.


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