Über 3.000
Musliminnen und Muslime demonstrieren am Kölner Dom für das Recht
von Frauen islamischen Glaubens, jederzeit Kopftuch zu tragen. Dies
sei keineswegs "Symbol der Unterdrückung".
Lausig kalt
ist es an diesem Samstag in Köln. Schneeregen fegt über den
Roncalliplatz. Die Demonstrantinnen indes, die sich um 12 Uhr vor dem
Dom eingefunden haben, sind passend gekleidet: Tücher schützen ihre
Köpfe. Die tragen sie allerdings nicht nur heute und nicht nur bei
schlechtem Wetter. Denn die versammelten Frauen gehören zu jenen
Musliminnen, die in dem Tragen eines Kopftuchs in der Öffentlichkeit
einen unverzichtbaren Bestandteil ihres religiösen Bekenntnisses
sehen.
Und sie sehen
die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit in Gefahr, wenn sie
es nicht jederzeit und überall tragen können - etwa als Lehrerin im
Klassenzimmer. Dafür gehen sie heute auf die Straße. "Lass mein
Kopftuch in Ruhe!!!", "Mutter Jesu trug auch ein
Kopftuch!" und "Das Kopftuch ist unsere Ehre, wir werden es
beschützen", ist auf den Transparenten zu lesen.
Aufgerufen zu
der "Großdemonstration", so die Ankündigung, hatte die
"Muslimische Jugend Köln". So groß ist der Umzug vom Dom
über den Friesenplatz und zurück zwar nicht geworden. Aber nach
Polizeischätzungen haben sich doch etwa 3.300 Protestierende vor dem
Dom versammelt, darunter viele Mädchen und junge Frauen.
Männer
machen jedoch mindestens die Hälfe der Demonstrierenden aus. Nicht
wenige von ihnen sind ebenfalls religiös gekleidet. Die Losungen, die
die Versammelten skandieren, muten vertraut an. Kein Wunder, sind sie
doch vielfach der linken Parolenkultur entlehnt, wenn auch dem Anlass
entsprechend abgewandelt worden: "Hoch die interreligiöse
Solidarität", heißt es nun. Oder: "Mein Kopf gehört
mir!" Oder: "Ich bin Muslim - und das ist auch gut so".
Eine junge
Frau ruft von der Bühne: "Ihr seid ein Signal dafür, dass die
Demokraten in Deutschland erwacht sind!" Ihren Kopf ziert ein
besonderes Tuch: eine Deutschlandfahne. Die trägt auch eine weitere
Rednerin. "Wir sind stolz auf Sie, Herr Bundespräsident
Rau", verkündet sie unter Beifall. Wegen seiner Ablehnung eines
Verbots steht der Sozialdemokrat bei den Koptuchbefürwortern hoch im
Kurs.
Der Islam sei
"keine Freizeitbeschäftigung und wir sind keine
Hobbymuslime", gibt eine weitere Sprecherin kund. So sei auch das
Kopftuch unverzichtbarer "Teil unseres Glaubens, es ist eine
Pflicht". Keineswegs jedoch sei es ein "Symbol der Unterdrückung".
Die gäbe es ja für Frauen gar nicht im Islam. Das sollten endlich
auch westliche Feministinnen begreifen. Denn: "Viele der von
ihnen mühsam erkämpften Frauenrechte hat uns der Islam schon vor
1.500 Jahren gewährt." Zum Abschluss bemüht die Vertreterin der
Initiative "Mein Kopftuch" auch noch eine Frau, die sich
dagegen nicht mehr wehren kann: "Freiheit, um hier Rosa Luxemburg
zu zitieren, ist immer die Freiheit der Andersdenkenden."
Mittlerweile ist es 15 Uhr geworden. Der Roncalliplatz hat sich
bereits merklich geleert. Auf dem Programm steht noch eine
musikalische Einlage: Ein muslimischer Rapper preist Allah. Dann ist
die Veranstaltung beendet. |