30.03.2004

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taz

*   KOMMENTAR: Persönliches Zureden hilft nichts
Von Pascal Beucker

Es ist das alte Lied. "Je schneller die Ausbildungsplatzabgabe vom Tisch ist, desto besser stehen die Chancen für die Jugendlichen, einen zukunftsfähigen Ausbildungsplatz in einem Unternehmen zu finden", verkündet Kölns IHK-Geschäftsführer Herbert Ferger. Solche Parolen hören wir nun von Unternehmerseite seit Jahren.

Die Gelegenheit, zu demonstrieren, dass es ohne eine gesetzliche Regelung besser geht, wurde von der Wirtschaft indes nicht genutzt. Denn ohne die von Rot-Grün bereits vor Jahren versprochene Abgabe hat sich an der Situation vieler Jugendlicher, die vergeblich einen Ausbildungsplatz suchen, nicht viel geändert.

Warum auch? Mitte der 90er Jahre hatte die SPD die Einführung der Abgabe beschlossen. Doch nach dem Amtsantritt von Rot-Grün wurde die Azubi-Abgabe schnell auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben. Denn die Forderung war für die führenden Genossen nicht mehr als tradeunionistische Folklore.

Die Unternehmen konnten sich also beruhigt zurücklehnen. So berichtete Ferger denn auch gestern: "Alle, mit denen ich in der SPD gesprochen habe, haben mir gesagt: Regen Sie sich nicht auf, das kommt nie."

Nun ist die Aufregung und das Wehklagen groß. Denn inzwischen scheinen die Sozialdemokraten trotz Clement, Schartau & Co. entschlossen, doch noch per Gesetz der Ausbildungsplatzmisere auf den Pelz rücken zu wollen. Es stimmt, wenn Ferger hier von einem "politischen Ausgleichsmechanismus, der sich völlig von der Sache gelöst hat", spricht, um dadurch die sozialen Härten der Agenda 2010 der eigenen sozialdemokratischen Basis "erträglicher" zu machen. Und die IHK bemängelt zu Recht etliche handwerkliche Mängel des offenbar mit heißer Nadel gestrickten ersten Gesetzesentwurfs. Trotzdem: Wenn in Köln weit über die Hälfte der ausbildungsberechtigten Betriebe keinen einzigen Auszubildenden mehr beschäftigen, zeigt das mehr als deutlich: Freiwillige Absprachen und freundliches persönliches Zureden reichen nicht mehr aus. Es besteht gesetzlicher Handlungsbedarf.


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