07.05.2004

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taz

*   Schnoddriger Staatsanwalt ärgert Richter
Von Pascal Beucker

Im Kölner Müllskandalprozess bleibt Oberstaatsanwalt Norbert Krakau konkrete Antworten auf viele Fragen von Richter Martin Baur schuldig. In der kommenden Woche sollen die Plädoyers beginnen.

Es war ein Stück aus dem Tollhaus, das sich im Landgericht an der Luxemburger Straße abspielte. Oberstaatsanwalt Norbert Krakau hatte dort gestern seinen großen Auftritt im Müllskandalprozess. Der Leiter der Schwerpunktabteilung Korruption war als Zeuge geladen - und lieferte ein beredtes Beispiel dafür, warum es zur Zeit mit dem Ruf der Kölner Anklagebehörde nicht zum Besten bestellt ist.

Mit jener kölschen Schnoddrigkeit, für die ansonsten besonders Kölns Ex-Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes so berühmt wie berüchtigt ist, trat Krakau in den Zeugenstand: "Was soll ich noch erzählen? Ich erzähle ja gerne." Konkrete Antworten auf konkrete Fragen des immer wieder kopfschüttelnden Vorsitzenden Richters Martin Baur fielen ihm indes schwer. Der kam denn auch nicht umhin, Krakau eindringlich zu ermahnen: "Wissen Sie, Sie sind jetzt Zeuge, ich bitte, das zu respektieren!"

Geladen war Krakau, um über die dubiosen Umstände der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung von Arthur A. Hofmann auszusagen. Den früheren Chef der Schweizer Briefkastenfirma Stenna Umwelttechnik AG hatten die Ermittler Ende vergangener Woche mit der Zusicherung auf freies Geleit nach Köln locken können und drei Tage lang zu seinen profitablen Geschäften mit dem Viersener Müllmogul Hellmut Trienekens und anderen Mitgliedern des rheinischen Schmiergeldkartells befragt. Danach ließen sie ihn wieder in Richtung Alpen ziehen - nicht ohne eine Aufhebung des gegen Hofmann erlassenen internationalen Haftbefehls zu beantragen. Der vernehmende Staatsanwalt hatte Hofmann bescheinigt, er habe sich "im Wesentlichen geständig gezeigt". Wie die Ermittler zu dieser Einschätzung gelangten, konnte Krakau allerdings nicht so genau erklären. Im Vernehmungsprotokoll findet sich jedenfalls kein Geständnis. Im Gegenteil: Hofmann habe sich danach als das "Unschuldigste aller Lämmer" präsentiert, wie Volkmar Mehle, der Verteidiger des Hauptbeschuldigten Ulrich Eisermann, spöttisch bemerkte.

Dass Staatsanwalt Robert Bungart von dem Date nicht informiert war, begründete Krakau damit, dass dieser "nichts davon wissen wollte", um nicht nachher im Prozess von der Kammer "ausgepresst" zu werden. Für Krakau ein verständliches Anliegen: Schon zweimal seien "Informationen über Ermittlungsverfahren in der Hauptverhandlung bekannt geworden, die die Staatsanwälte noch verdeckt führten". Als Beispiel nannte er die Ermittlungen gegen die AWB.

Einen ungewollt tiefen Einblick in staatsanwaltschaftliches Denken und Handeln gewährte der 58-Jährige mit seiner Antwort auf einen Vorhalt Mehles. Der hatte wissen wollen, wie es möglich sei, dass einem, der wegen einer "hohen Tatbeteiligung" und einer drohenden "hohen Haftstrafe" per Haftbefehl gesucht werde, eine Einstellung des Verfahrens gegen die Zahlung von 90.000 Euro angeboten worden sei. Solche Formulierungen seien ja "nur formelhafte Wendungen", antwortete der Herr Oberstaatsanwalt flockig - und rechtsstaatlich bedenklich.

Während für die Anklagebehörde "die Bewertung der Aussage des Herrn Hofmann noch nicht abgeschlossen" ist, qualifizierte Baur dessen Aussagen als unglaubwürdig ab. Der Stenna-Mann habe "kein Geständnis, sondern eher das krasse Gegenteil" abgelegt. Baur will den Prozess schnell zu Ende bringen: Nach einem Sondertermin am Montag sollen am kommenden Dienstag die Plädoyers beginnen.


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