01.07.2004

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taz

*   Politiker sind scharf auf Prozess
Von Pascal Beucker und Frank Überall

Einige Empfänger fingierter SPD-Spendenquittungen wollen angeklagt werden, um ihre Unschuld zu beweisen. Warten bis nach der Wahl in Köln sei "Schutz für die SPD".

Im Kölner SPD-Spendenskandal wenden sich immer mehr Betroffene gegen die Justiz. Nachdem die Staatsanwaltschaft angekündigt hatte, gegen Politiker keine Anklagen mehr vor der Kommunalwahl zu erheben, fühlen sich einige falsch behandelt.

So gibt es eine Reihe aktueller und ehemaliger GenossInnen, die nach wie vor die Zahlung eines Bußgeldes wegen Annahme fingierter Spendenquittungen ablehnen. Sie fordern öffentliche Prozesse, damit die Wahrheit aufgeklärt werden kann. Der Knackpunkt: Alle Anschuldigungen basieren vor allem auf den Aussagen des ehemaligen Partei-Schatzmeisters Manfred Biciste. Seiner Anschuldigung, alle Quittungsempfänger hätten vom illegalen System gewusst, wollen aber die Wenigsten auf sich sitzen lassen. "Wenn es zum Prozess kommt, werde ich alle Quittungsempfänger als Zeugen benennen", sagt zum Beispiel die Ratsfrau Anita Cromme: "Mir ist die Spendenquittung zugeschickt worden und ich wusste nichts von den Machenschaften. Deshalb zahle ich kein Bußgeld und hoffe auf einen fairen Prozess."

Als Grund für den einstweiligen Verzicht auf eine Anklage sieht der frühere SPD-Mann und Schuldezernent Andreas Henseler eine einseitige Sicht seitens der Staatsanwaltschaft: "Das ist ein Schutz für die Sozial- oder besser Spezialdemokratie im Kommunalwahlkampf." Die SPD habe kein Interesse daran, dass die Kölner Spendenaffäre öffentlich verhandelt werde. "Man muss sich aber fragen, was das höherwertige Rechtsgut ist, das es zu schützen gilt - den Beweis der Unschuld für die Quittungsempfänger oder die Wahltaktik einer Partei."

Ob die Staatsanwaltschaft überhaupt Anklage erheben wird, ist unklar. Das Verhalten der Behörde ist in einigen Fällen durchaus ambivalent. So soll der Landtagsabgeordneten Annelie Kever-Henseler zunächst ein Bußgeld von 5.000 Euro angeboten worden sein. Als sie ablehnte, sollte es auf 2.000 Euro reduziert werden. Aber auch Kever-Henseler ist überzeugt, sie habe sich nichts zu schulden kommen lassen und lässt es auf eine Anklage ankommen.


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