06.10.2004

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Von Pascal Beucker und Frank Überall

Eine Ratskoalition ist in Köln derzeit nicht in Sicht. Die Grünen grenzen sich von der FDP ab. Die CDU hofft auf eine "ganz große" Koalition. Auch ein Bündnis aus SPD, Grünen und PDS scheint möglich.

Der Kölner Koalitionspoker geht in die nächste Runde. Nach der großen Koalition steht nun die ganz große Kooperation zur Diskussion. In diese Richtung orientieren sich nach der CDU auch die Grünen. Auch sie wollen irgendwie eine Zusammenarbeit der drei großen Parteien. Und die SPD will auch nichts "von vornherein ausschließen".

Klar ist, dass es so viele denkbare Konstellationen gar nicht mehr gibt. Auch wenn immer noch die von Oberbürgermeister Fritz Schramma gewünschte große Koalition aus CDU und SPD als Möglichkeit im Raum steht, ist die Skepsis innerhalb der CDU gegenüber dieser vermeintlich einfachsten Variante groß. Die Christdemokraten könnten als Partner der Sozialdemokraten an Profil verlieren, heißt es. Außerdem könnte sich der Eindruck verfestigen, dass in einer Klüngel-Hauptstadt Köln sowieso die großen Parteien am liebsten alles unter sich ausmachen und nur "Klüngel und Parteienfilz" (CDU-Chef Reinarz) regiere. Was bleibt, ist die Suche nach einem möglichst noch breiteren Bündnis. Schließlich steht es schlecht um den städtischen Etat - ein Millionenloch jagt das nächste. Den fälligen Sparkurs mag keine Partei alleine verantworten, da soll die Schuld auf möglichst viele Schultern verteilt werden.

Den vagen Beschluss, ihren "politischen Gestaltungsauftrag" wahrzunehmen, den die Grünen am Montag Abend auf ihrer Mitgliederversammlung fassten, übersetzte Kreissprecherin Csilla Imre gegenüber der taz so: "Die wahrscheinlichste Lösung ist, dass wir mit CDU und SPD auf gleicher Augenhöhe kooperieren." Prinzipiell geht das in die gleiche Richtung wie die Wünsche der Union. Allerdings wollen die Grünen laut Beschluss nicht mit der FDP zusammenarbeiten, weil die Liberalen mit "rechtspopulistischen Kampagnen" einem "fremdenfeindlichem und rechtsextremistischem Gedankengut den Boden" bereitet hätten.

Die SPD übt sich derweil in der Kunst des Abwartens und lästert über die schwarz-grünen Strategiespiele: "Ich verstehe nicht, warum die CDU sich vor einer großen Koalition drückt, wenn sie jetzt sogar mit einer supergroßen Koalition liebäugelt", meinte SPD-Fraktionsvorsitzender Martin Börschel. Eine Kooperation mit CDU und Grünen bewertete Börschel als "äußerst skeptisch". Die jungen Männer in der Sozialdemokratie drängen an die Macht - und wollen dabei nicht zwischen Schwarz und Grün zerdrückt werden.

Gänzlich auf Unverständnis stößt der Koalitionspoker bei der FDP. Vor allem die Verweigerung der Grünen ärgert Fraktionschef Ralph Sterck: "Ich kann mich nur wundern, warum die Grünen jetzt - nach der Wahl - mit so viel Schlamm werfen. Der Verlust der Macht muss ihnen wohl sehr wehtun." Allerdings: Auch die FDP hatte bereits zuvor schon eine Zusammenarbeit mit den Grünen abgelehnt.

Wie es weiter gehen soll, ist noch offen. Die SPD will jetzt erst mal mit der PDS sprechen. Schließlich hätte theoretisch auch ein rot-rot-grünes Bündnis eine Mehrheit im Rat. Auch für die Grünen anscheinend keine undenkbare Variante, haben sie doch beschlossen, neben einer Kooperation mit CDU und SPD auch auch andere Möglichkeiten "nicht von vorneherein" auszuschließen. Am 14. Oktober tritt der Rat zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Unklar ist, ob dann auch eine Koalition zusammenkommt.


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