Für
die 142 Neonazis, die am Samstag in Kalk demonstrierten, war es ungemütlich:
Rund 1.500 Kölner Bürger stellten sich dem braunen Mob in den Weg.
Vor ihrem Marsch durch den Regen mussten etliche Rechtsextreme die
Springerstiefel ausziehen.
Wasserwerfer,
Räumpanzer und ein Großaufgebot behelmter Polizisten in schweren
Schutzwesten, an jeder Ecke Absperrungen und unzählige geschlossene
Geschäfte - in Kalk herrschte am Samstag der Ausnahmezustand: Der
braune Mob hatte sich zum ungebetenen Besuch in dem Kölner Stadtteil
angesagt.
Kurz
nach 12 Uhr strömten sie aus der U-Bahn-Station auf den umzäunten
Platz vor der Kalker Post: 142 Rechtsextreme, die meisten aus der
Szene der "freien Kameradschaften" und aus dem Ruhrgebiet
stammend, waren dem Aufruf des Hamburger Neonazis Christian Worch
gefolgt, um unter der Hetzparole "Multi-Kulti? Nicht mit
uns!" in Köln zu demonstrieren.
Ihr
ursprüngliches Motto "180 Nationalitäten in Köln sind 179
Nationalitäten zu viel" war ihnen indes ebenso polizeilich
untersagt worden wie das Rufen der Parole "Deutschland den
Deutschen". Auch ansonsten hatte die Polizei den braunen
Aufmarsch mit einer ganzen Reihe von Auflagen versehen. Dazu gehörte,
dass den Teilnehmern unter anderem das Tragen von
"Springerstiefeln" und "Bomberjacken" ebenso
untersagt war wie militärische oder militärähnliche
Kopfbedeckungen. Ebenso durfte ihre Kleidung keine NS-Abkürzungen
oder erkennbare Abkürzungsteile verbotener Parteien oder
Gruppierungen aufweisen.
Für
etliche der braunen Gesellen war allerdings der polizeiliche
Auflagenbescheid offenkundig zu kompliziert gewesen: Sie kamen in
ihrem "üblichen" Outfit in die Domstadt - ein dummer
Fehler: Denn jeder einzelne von ihnen wurde vor Demonstrationsbeginn
genau kontrolliert. Beinahe zwei Stunden dauerte die Prozedur und
anschließend verließen viele Kameraden das extra zu diesem Zweck von
der Polizei aufgebaute Zelt mit Müllbeuteln in der Hand. In die waren
nicht nur etliche Kleidungsstücke gewandert, sondern auch manches
Paar Schuhe, so dass etliche "Herrenmenschen" ihren Marsch
durch Kalk auf notdürftig mit Plastiktüten verhüllten Socken zurücklegen
mussten. Das lächerliche Bild, das die Müllbeutel-Nazis so abgaben,
sorgte immer wieder für gehörigen Spott am Wegesrand.
Ohnehin
war es kein besonders guter Tag für sie: Im strömenden Regen wurden
sie immer wieder auf ihrem Weg von Kalk-Post über Seitenstraßen nach
Kalk-Kapelle von Anwohnern mit Obst und Gemüse beworfen, auch manches
Ei verfehlte nicht sein Ziel. Hinzu kamen noch die unzähligen
Spottrufe, die das von Worch, dem Kölner "Kameradschaftsführer"
Axel Reitz und dem Frankfurter Alt-Nazi Otto Riehs angeführte Häuflein
über sich ergehen lassen musste. An jeder Ecke warteten schon
Gegendemonstranten, darunter viele, vorwiegend junge Migranten. Und
die forderten nicht nur selbstbewusst auf einem Transparent "Deutscht
uns nicht voll!", sondern bereicherten zudem das übliche
"Nazi raus!"-Repertoire um neue kreative Rufe wie
beispielsweise "Eure Opas sind Verlierer!"
Um eine unmittelbare
Konfrontation zwischen den Nazis und den insgesamt 1.500
Gegendemonstranten zu verhindern, hatte die Polizei ein Großaufgebot
von weit über tausend Polizisten aufgefahren. Rund 500 Protestierer,
die versuchten, eine Absperrung zu durchbrechen, wurden für mehrere
Stunden eingekesselt. Von etwa 400 von ihnen wurden die Personalien
festgestellt und gegen sie Platzverweise erteilt. Entlang der rechten
Route gelang es nur einmal, auf einer Kreuzung den Zug für gut zehn
Minuten zu stoppen. Insgesamt wurden 28 Personen fest- oder in
Gewahrsam genommen. Auf einen Neonazi, bei dem ein Springmesser
gefunden wurde, wartet jetzt ein Ermittlungsverfahren.