Nach
massiven Protesten entschuldigt sich der Kölner Erzbischof Joachim
Meisner für seinen jüngsten Nazi-Vergleich. Doch die Liste der
Verfehlungen des Kardinals ist lang.
Der Kölner
Erzbischof Joachim Meisner übt sich in Schadensbegrenzung. Die Kritik
an seiner Dreikönigstagspredigt sei nur das Ergebnis eines Missverständnisses,
ließ der Kardinal wissen. "Wenn ich geahnt hätte, dass mein
Verweis auf Hitler missverstanden hätte werden können, hätte ich
seine Erwähnung unterlassen", sagte Meisner laut einer Erklärung
vom Wochenende. "Es tut mir Leid, dass es dazu gekommen
ist." Zugleich wies das Erzbistum jedoch erneut den Vorwurf zurück,
der Kardinal habe die Einzigartigkeit des Holocaust in Frage gestellt.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel,
hatte in der taz von Meisner eine "unmissverständliche
Distanzierung" verlangt.
Der für Ausfälle
gegen Abtreibung und Homosexualität bekannte 71-Jährige hatte in
seiner Predigt am Donnerstag wörtlich gesagt: "Wo der Mensch
sich nicht relativieren oder eingrenzen lässt, dort verfehlt er sich
immer am Leben: zuerst Herodes, der die Kinder von Bethlehem umbringen
lässt, dann unter anderem Hitler und Stalin, die Millionen Menschen
vernichten ließen, und heute, in unserer Zeit, werden ungeborene
Kinder millionenfach umgebracht." Jetzt will der Kirchenmann in
der schriftlichen Dokumentation seiner Predigt "den Hinweis auf
Hitler tilgen lassen". Stalin bleibt.
Bereits in
seiner Silvesterpredigt hatte Meisner den Holocaust relativiert, indem
er dort Abtreibung als einen "Tatbestand" bezeichnete,
"der wohl alle bisherigen Verbrechen der Menschheit in den
Schatten stellt" - also auch die Verbrechen des
Nationalsozialismus.
1995 verkündete
der rheinische Gotteskrieger, mit dem Kruzifix-Urteil des
Bundesverfassungsgerichts "entartet die Kultur". Schon die
Nationalsozialisten hätten Kreuze aus Schulen verbannt: "Als sie
ihr schauriges kreuzloses Werk begannen, stürzten sie die ganze Welt
ins Unglück."
1998 verglich
Meisner die Abtreibungspille RU 486 indirekt mit dem zum
millionenfachen Judenmord benutzten Gas Zyklon B: "RU 486
ist kein Medikament, also kein Heilmittel. RU 486 ist das genaue
Gegenteil, nämlich ein chemisches Tötungsinstrument speziell für
ungeborene Kinder." In der Nazizeit seien "schlimmste
Verbrechen durch den Einsatz chemischer Substanzen verübt
worden". Daher sei es "eine unsägliche Tragödie, wenn sich
am Ende dieses Jahrhunderts die chemische Industrie ein zweites Mal
anschicken würde, in Deutschland ein chemisches Tötungsmittel für
eine bestimmte gesetzlich abgegrenzte Menschengruppe zur Verfügung zu
stellen". |