24.01.2005

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taz

*   KOMMENTAR: Der Alternative fehlt der Charme 
Von Pascal Beucker

Die neue Linkspartei ist in NRW zum Scheitern verurteilt.

Manchmal machen die kleinen Sätze den großen Unterschied: Die angehenden Linksparteiler seien viel disziplinierter als die Grünen früher, hatte der "Wahlalternative"-Gründer Thomas Ernst auf der ersten Bundesversammlung der Initiative gesagt - und aus Versehen einen der Gründe genannt, warum die am Wochenende in Göttingen gegründete neue "Partei Arbeit und soziale Gerechtigkeit - die Wahlalternative" scheitern wird. Denn jene "Disziplinlosigkeit" gehörte zum grünen Erfolgsrezept. Auch das Chaos in der Gründungsphase vor 25 Jahren sorgte mit für jene Aufbruchstimmung, die der neuen Formation vollständig abgeht. Die frühen Grünen waren eine Partei, die nicht nur in ihren Inhalten, sondern auch in ihren Formen eine Alternative darstellte: Es hatte eben nicht alles seine Ordnung. In der "Wahlalternative" - aller Streitereien linker Verbandshuber zum Trotz - schon.

Die neue Linkspartei versprüht den Charme, den gealterte Gewerkschaftsfunktionäre der mittleren Ebene und frustrierte SPD-Unterbezirkskassierer halt verströmen können. Sie erinnert damit frappierend an jene 1982 gegründeten und schnell wieder in der Versenkung verschwundenen "Demokratischen Sozialisten" der SPD-Abweichler Karl-Heinz Hansen und Manfred Coppik, an die sich heutzutage kaum jemand noch erinnert.

Dass ihr bei aller Unzufriedenheit über Rot-Grün ein ähnliches Schicksal bevorsteht, dafür hat die neue Linkspartei noch zusätzlich mit ihrem Beschluss gesorgt, bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen antreten zu wollen - jenem bevölkerungsreichsten Land der Republik, in dem die Grünen bis 1990 auf ihren Parlamentseinzug warten mussten, und die auch diesmal wieder antretende PDS bei der letzten Wahl gerade mal auf kümmerliche 1,1 Prozent der Stimmen kam. Wenn überhaupt, könnte diese denn auch die Hauptleidtragende der Linkspartei sein. Wie realitätsblind müssen deren Initiatoren sein, dass sie sich nicht einen kleinen Stadtstaat, sondern ausgerechnet NRW für ihren erstmaligen Wahlantritt ausgesucht haben? So sorgen sie dafür, dass gleich ihre Feuertaufe an der Wahlurne mit einem Desaster enden wird. Danach wird auch dieser linkssozialdemokratische Traum zerplatzt sein.


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