Mit einer
islamophoben Rede begeisterte Kölns stellvertretender Polizeichef die
Rechtsextremen. Nun bittet er um Vergebung, weil angeblich alles nicht
so gemeint war.
Mit einem
offenen Brief hat Kölns Vizepolizeichef Dieter Klinger gestern auf
Vorwürfe reagiert, er schüre "Islamophobie". Er sei
"sehr betroffen" und "bedaure zutiefst, dass meine
Aussagen ausländerfeindlich interpretiert wurden", so der
Leitende Polizeidirektor. Die Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete Lale
Akgün hatte Klinger aufgefordert, "sich bei allen Kölnerinnen
und Kölnern muslimischen Glaubens für seine Äußerungen öffentlich
zu entschuldigen".
In die Kritik
geraten war Klinger wegen eines erst jetzt bekannt gewordenen
Auftritts beim Osterempfang der christlichen Kirchen am 9. April im
ostfriesischen Emden. Klinger gehört der baptistischen
Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Derschlag bei Gummersbach an. Er
war als Festredner geladen, um über "Chancen und Bedingungen für
ein Miteinander der Kulturen" zu sprechen. Doch Zeugen
berichteten, dass Klinger nicht über Chancen referierte, sondern vor
dem Untergang des christlichen Abendlandes warnte: "Was soll ein
Christ einem in seinem Glauben stark verwurzelten Moslem
entgegenhalten?"
In seinem
rund halbstündigen Referat zeichnete der Spitzenbeamte das Bild einer
islamischen "Parallelgesellschaft", die sich immer weiter
ausbreite. Demnächst drohe sogar die Machtübernahme: "2035 bis
2050 sind die Muslime in Deutschland zahlenmäßig in der Mehrheit und
könnten durch eine einfache Wahl die Regierung stellen." Ferner
sprach er von 5.000 in der Bundesrepublik lebenden gewaltbereiten
Islamisten und von weiteren 50.000 Muslimen, die "latent
gewaltbereit" seien. Täglich würde Nachwuchs in Moscheen und in
Hinterzimmern muslimischer Cafés angeworben. Als Abwehrmaßnahme
forderte Klinger, das Christentum müsse wieder verstärkt den
"missionarischen Aspekt" in den Vordergrund rücken. Gerade
in den Schulen müssten wieder "christliche Werte"
vermittelt werden.
Klingers Rede
hatte schon in Emden zu einem Eklat geführt. Die Zuhörer hätten
"zum Teil erschrocken, zum Teil empört" auf den Vortrag von
Kölns zweithöchstem Polizisten reagiert, berichtete die Emder
Zeitung. Es habe auch Pfiffe und Buhrufe gegeben. Emdens Oberbürgermeister
Alwin Brinkmann (SPD) verließ sogar peinlich berührt vorzeitig den
Empfang, wie sein Büro der taz bestätigte.
In Köln
reagierte die selbst ernannte "Bürgerbewegung Pro Köln"
als Erste. Die rechtsextreme Gruppe, die seit der letzten Kommunalwahl
im Stadtrat sitzt, lobte den "mutigen Polizeidirektor" für
seine "dankenswert klaren Worte".
Die
SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün warf Klinger indes vor, er schüre
"öffentlich Angst und Islamophobie". In einem Schreiben
forderte sie Landesinnenminister Fritz Behrens (SPD) auf, "diesen
Fall schnellstmöglich politisch und dienstrechtlich aufzuklären".
Klinger hatte
zuvor eine Stellungnahme abgelehnt. Nun ließ er wissen, dass er
"das friedliche und geschützte Zusammenleben der Nationen"
in Köln als "wesentliches Ziel" seiner Arbeit betrachte. |