23.05.2005

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taz

*   Sieg für NRW-CDU
Von Pascal Beucker

Jetzt verliert die Sozialdemokratie auch Wahlen in ihrem Stammland. Die Mehrheit der Wähler in Nordrhein-Westfalen entscheidet sich für die CDU.

Jürgen RüttgersDer Jubel bei den rund 1.000 versammelten Unionsanhänger auf der CDU-Wahlparty in der Düsseldorfer Wasserstraße war grenzenlos. Frenetisch applaudierten sie ihrem Star Jürgen Rüttgers. "Die Menschen haben uns einen Auftrag gegeben, dafür zu sorgen, dass NRW wieder kommt", strahlte der große Wahlgewinner.

"Unsere Politik wird sein, aus Nordrhein-Westfalen ein Land der Chancen zu machen - bei Arbeit, Bildung, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung", versprach der künftige nordrhein-westfälische Ministerpräsident. Und sein designierter Arbeitsminister Karl-Josef Laumann sekundierte: "Im Sommer wird in Nordrhein-Westfalen die Post abgehen."

Mit einem Erdrutschsieg für die 39 Jahre lang in die Opposition verbannten Christdemokraten endete gestern die Landtagswahl im bevölkerungsreichsten Bundesland. Danach gewann die CDU fast 8 Prozent gegenüber der Wahl 2000 zu und schaffte 44,8 Prozent der Stimmen. Damit hat ausgerechnet Jürgen Rüttgers geschafft, was vor ihm weder Heinrich Köppler noch Kurt Biedenkopf, weder Bernhard Worms noch Norbert Blüm und auch nicht Helmut Linssen gelungen ist. Sie alle scheiterten bei ihren Versuchen, als CDU-Spitzenkandidaten die SPD an Rhein und Ruhr vom Thron zu stoßen. Nun hat die CDU den Machtwechsel geschafft.

Das Wunder, auf das der bisherige sozialdemokratische Amtsinhaber Peer Steinbrück bis zuletzt unerschütterlich gehofft hatte, blieb aus. Mit 37,1 Prozent der Stimmen verlor die SPD 5,6 Prozent und fuhr ihr schlechtestes Ergebnis seit 1954 ein. Auch FDP und Grüne mussten Federn lassen: Die Liberalen stürzten von 9,8 auf 6,2 Prozent. Die Grünen verloren rund ein Prozent und erreichten ebenfalls nur 6,2 Prozent.

Während die CDU ausgelassen feierte, herrschte bei den Sozialdemokraten auf ihrer Wahlparty im "Apollo-Theater" hingegen nur blankes Entsetzen. Ministerpräsident Peer Steinbrück räumte unmittelbar nach den ersten Hochrechnungen das Scheitern seiner Partei ein: "Die SPD hat eine bittere Niederlage erlebt." Zugleich wies er jedoch darauf hin, dass die NRW-SPD in der Wählergunst immerhin noch 9,5 Prozentpunkte vor der Bundes-SPD liege.

Die Wahlniederlage liege daher aus seiner Sicht nicht an seinem eigenen Einsatz. Er gehe allerdings davon aus, dass die Niederlage seiner Partei auch auf die Arbeitsmarktreformen der Bundesregierung zurückzuführen ist. "Viele Menschen fühlen sich als Verlierer", fügte der SPD-Politiker hinzu. Er halte die Reformen aber dennoch für wichtig.

Das Ergebnis ließe keinen Zweifel, kommentierte SPD-Landesfinanzminister Jochen Dieckmann die schwere Schlappe für seine Partei. "Die Bevölkerung will einen Wechsel."

Die grüne Umweltministerin Bärbel Höhn sah den Grund für die verlorene Wahl vor allem in den Stimmverlusten der SPD. "Das ist eine klare Niederlage für Rot-Grün", sagte die Grünen-Politikerin. Es sei aber nicht so, dass die Grünen "kräftig abgewatscht" worden seien, sondern eher die Sozialdemokraten. Die grüne Faktionschefin Sylvia Löhrmann sagte der taz, nun müsse genau analysiert werden, "ob wir uns stärker von der SPD hätten abgrenzen müssen".

Die Wahlperiode des bisherigen Landtags endet am 2. Juni. Der neue tritt erstmals am 8. Juni zusammen, um sein Präsidium zu wählen. Am 22. Juni wird dann der neue Ministerpräsident gewählt. So lange noch bleibt Rot-Grün noch im Amt. Dann ist's vorbei.

Für den CDU-Kandidaten Rüttgers war es auch persönlich um alles gegangen: Hätte er verloren, hätte der einstige "Zukunftsminister" Helmut Kohls seine politische Zukunft endgültig hinter sich gehabt. Doch nun hat er sich als künftiger nordrhein-westfälischer Ministerpräsident und Chef des mitgliederstärksten Landesverbands in die Riege der wichtigsten und mächtigsten Herrscher der Union zurückgemeldet - wichtiger als der Niedersachse Christian Wulff und der Hesse Roland Koch, ebenso wichtig wie der Bayer Edmund Stoiber, fast so mächtig wie die Vorsitzende Angela Merkel.


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