Jetzt verliert die
Sozialdemokratie auch Wahlen in ihrem Stammland. Die Mehrheit der
Wähler in Nordrhein-Westfalen entscheidet sich für die CDU.
Der Jubel bei den rund
1.000 versammelten Unionsanhänger auf der CDU-Wahlparty in der
Düsseldorfer Wasserstraße war grenzenlos. Frenetisch applaudierten
sie ihrem Star Jürgen Rüttgers. "Die Menschen haben uns einen
Auftrag gegeben, dafür zu sorgen, dass NRW wieder kommt",
strahlte der große Wahlgewinner.
"Unsere Politik
wird sein, aus Nordrhein-Westfalen ein Land der Chancen zu machen -
bei Arbeit, Bildung, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung",
versprach der künftige nordrhein-westfälische Ministerpräsident.
Und sein designierter Arbeitsminister Karl-Josef Laumann sekundierte:
"Im Sommer wird in Nordrhein-Westfalen die Post abgehen."
Mit einem Erdrutschsieg
für die 39 Jahre lang in die Opposition verbannten Christdemokraten
endete gestern die Landtagswahl im bevölkerungsreichsten Bundesland.
Danach gewann die CDU fast 8 Prozent gegenüber der Wahl 2000 zu und
schaffte 44,8 Prozent der Stimmen. Damit hat ausgerechnet Jürgen
Rüttgers geschafft, was vor ihm weder Heinrich Köppler noch Kurt
Biedenkopf, weder Bernhard Worms noch Norbert Blüm und auch nicht
Helmut Linssen gelungen ist. Sie alle scheiterten bei ihren Versuchen,
als CDU-Spitzenkandidaten die SPD an Rhein und Ruhr vom Thron zu
stoßen. Nun hat die CDU den Machtwechsel geschafft.
Das Wunder, auf das der
bisherige sozialdemokratische Amtsinhaber Peer Steinbrück bis zuletzt
unerschütterlich gehofft hatte, blieb aus. Mit 37,1 Prozent der
Stimmen verlor die SPD 5,6 Prozent und fuhr ihr schlechtestes Ergebnis
seit 1954 ein. Auch FDP und Grüne mussten Federn lassen: Die
Liberalen stürzten von 9,8 auf 6,2 Prozent. Die Grünen verloren rund
ein Prozent und erreichten ebenfalls nur 6,2 Prozent.
Während die CDU
ausgelassen feierte, herrschte bei den Sozialdemokraten auf ihrer
Wahlparty im "Apollo-Theater" hingegen nur blankes
Entsetzen. Ministerpräsident Peer Steinbrück räumte unmittelbar
nach den ersten Hochrechnungen das Scheitern seiner Partei ein:
"Die SPD hat eine bittere Niederlage erlebt." Zugleich wies
er jedoch darauf hin, dass die NRW-SPD in der Wählergunst immerhin
noch 9,5 Prozentpunkte vor der Bundes-SPD liege.
Die Wahlniederlage
liege daher aus seiner Sicht nicht an seinem eigenen Einsatz. Er gehe
allerdings davon aus, dass die Niederlage seiner Partei auch auf die
Arbeitsmarktreformen der Bundesregierung zurückzuführen ist.
"Viele Menschen fühlen sich als Verlierer", fügte der
SPD-Politiker hinzu. Er halte die Reformen aber dennoch für wichtig.
Das Ergebnis ließe
keinen Zweifel, kommentierte SPD-Landesfinanzminister Jochen Dieckmann
die schwere Schlappe für seine Partei. "Die Bevölkerung will
einen Wechsel."
Die grüne
Umweltministerin Bärbel Höhn sah den Grund für die verlorene Wahl
vor allem in den Stimmverlusten der SPD. "Das ist eine klare
Niederlage für Rot-Grün", sagte die Grünen-Politikerin. Es sei
aber nicht so, dass die Grünen "kräftig abgewatscht"
worden seien, sondern eher die Sozialdemokraten. Die grüne
Faktionschefin Sylvia Löhrmann sagte der taz, nun müsse genau
analysiert werden, "ob wir uns stärker von der SPD hätten
abgrenzen müssen".
Die Wahlperiode des
bisherigen Landtags endet am 2. Juni. Der neue tritt erstmals am 8.
Juni zusammen, um sein Präsidium zu wählen. Am 22. Juni wird dann
der neue Ministerpräsident gewählt. So lange noch bleibt Rot-Grün
noch im Amt. Dann ist's vorbei.
Für den CDU-Kandidaten
Rüttgers war es auch persönlich um alles gegangen: Hätte er
verloren, hätte der einstige "Zukunftsminister" Helmut
Kohls seine politische Zukunft endgültig hinter sich gehabt. Doch nun
hat er sich als künftiger nordrhein-westfälischer Ministerpräsident
und Chef des mitgliederstärksten Landesverbands in die Riege der
wichtigsten und mächtigsten Herrscher der Union zurückgemeldet -
wichtiger als der Niedersachse Christian Wulff und der Hesse Roland
Koch, ebenso wichtig wie der Bayer Edmund Stoiber, fast so mächtig
wie die Vorsitzende Angela Merkel. |