30.07.2005

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taz

*   KOMMENTAR: Jenseits der Taktik
Von Pascal Beucker 

In Essen muss die Basis der Linkspartei ihre Politikfähigkeit beweisen.

Es ist ein Verdacht, der manche Wahlalternativler immer noch umtreibt: Es ist in erster Linie ein taktisches Argument der in Linkspartei umbenannten PDS, Kandidaten der WASG nur in "homöopathischen Dosen" auf ihren Listen aufstellen zu können, um die Zulassung zur Bundestagswahl nicht zu gefährden. Auf der Landesmitgliederversammlung der Linkspartei in Essen wird heute die Probe aufs Exempel gemacht. Die ersten acht bis zehn Plätze auf der Landesliste gelten als aussichtsreich - und auf denen würde die hiesige WASG nicht nur gerne "ihren" Oskar Lafontaine als Spitzenkandidaten sehen, sondern noch mindestens drei weitere von ihr Vorgeschlagene. Die Idee, wie das möglich ist, ohne zu riskieren, dass der Landeswahlleiter den Wahlvorschlag der Linkspartei später für unzulässig erklärt, ist so bestechend wie einfach: durch Eintritt in die PDS.

Diesen Weg haben nun gleich mehrere Kandidaten in NRW beschritten. Zum einen ist ihr Schritt konsequent, nimmt er doch nur individuell vorweg, was die beiden Parteien ohnehin in den kommenden Jahren anstreben: die Vereinigung. Zum anderen setzt dieser Schachzug die Linkspartei gehörig unter Druck. Denn ohne sich auf formale Argumente zurückziehen zu können, muss sie nun beweisen, dass sie die Chance auf einen Neuanfang im Westen wirklich nutzen will. Das dürfte denjenigen, die hier in den vergangenen fünfzehn Jahren das kümmerliche Fähnchen der PDS hochgehalten haben, schwer fallen.

Zumal die ungewohnte Aussicht auf ein Bundestagsmandat eigene Begehrlichkeiten geweckt hat. So wird es am heutigen Samstag ein Hauen und Stechen um jeden Erfolg versprechenden Listenplatz geben. Ob danach nur ein Scherbenhaufen zurückbleiben wird, liegt alleine in der Hand der nordrhein-westfälischen Linkspartei-Basis. Es kommt auf ihre Politikfähigkeit an, ob ein erneuter Eklat wie bei der Listenaufstellung vor einer Woche in Bayern vermieden wird. Deshalb schauen die Politikstrategen aus den Parteizentralen von PDS und WASG auch heute zu Recht mit einigem Bangen nach Essen.


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