Porträt: Nadeem
Elyas
Es ist nicht das erste
Mal, das Nadeem Elyas Schlagzeilen macht. Doch war es diesmal ein
besonderes Zeichen, das der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime
(ZMD) in der taz setzte: Für ihn käme "alles in Frage",
was das Leben der im Irak entführten Susanne Osthoff retten kann,
sagte Elyas, sogar ein Geiselaustausch sei für ihn denkbar. Ein
mutiges Angebot des bekanntesten Repräsentanten der Muslime in
Deutschland.
Elyas, der
Saudi-Arabien als 19-Jähriger verließ, begann 1964 in Frankfurt ein
Medizinstudium. Parallel studierte er Islamwissenschaften und
engagierte sich in muslimischen Vereinen. Nach dem Studium ließ er
sich als Gynäkologe in Eschweiler nieder, wo der vierfache Vater bis
heute wohnt.
Seit 1995 steht der
60-Jährige dem von ihm mitgegründeten ZMD vor. Dem eingetragenen
Verein gehören 19 Dachorganisationen mit mehreren hundert
Moscheegemeinden an. Wie viele Muslime der ZMD repräsentiert, ist
allerdings unklar. In seiner Selbstdarstellung gibt der Verband nur
etwas wolkig an, seine Mitgliedsorganisationen würden "eine
breite Masse der Muslime in Deutschland vertreten". Doch das dürfte
übertrieben sein. Tatsächlich können ihm wohl nur etwa 12.000 bis
20.000 der rund 3,5 Millionen hier lebenden Muslime zugerechnet
werden. Trotzdem rangiert der ZMD in der öffentlichen Wahrnehmung
deutlich vor den beiden größeren Dachverbänden, dem Islamrat und
der Türkisch-Islamischen Union (Ditib).
Das liegt vor allem am
eloquenten ZMD-Vorsitzenden, der es durch seinen unablässigen Einsatz
versteht, seinen Verband "gesellschaftsfähig" zu machen. So
führte der ZMD unter Elyas' Federführung etwa den "Tag der
offenen Moschee" ein. Auf seine Initiative geht auch die
"Islamische Charta" zurück, in der der ZMD seine Ideen vom
Zusammenleben mit der nicht-islamischen Mehrheitsgesellschaft
formulierte. Entscheidend für die Akzeptanz waren auch die steten
Bekenntnisse von Elyas zum Grundgesetz. Für seine Bemühungen um den
interreligiösen Dialog erhielt er 1999 mit Ignatz Bubis den
alternativen Aachener Friedenspreis.
Trotz aller
Dialogbereitschaft ist Elyas nicht unumstritten. So sah er sich immer
mit - von ihm heftig bestrittenen - Vorwürfen einer engen Verbindung
zur islamistischen Muslimbruderschaft konfrontiert. Zudem vertritt
Elyas einen konservativ-orthodoxen Islam, der liberalen Auslegungen
gegenüber nur wenig aufgeschlossen ist. Hier ist der Mann mit der
sanften freundlichen Stimme immer noch deutlich von seiner
Geburtsstadt Mekka geprägt, wo er nahe den Wurzeln des traditionellen
Islam buchstäblich im Schatten der Kaaba aufwuchs.