02.02.2005

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*   IHK: Gute Konjunktur, keine Arbeitsplätze
Von Pascal Beucker
Der Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammer belegt: Die Unternehmen der Region Köln schätzen ihre Aussichten so gut ein wie seit zwei Jahren nicht mehr. Trotzdem will ein Drittel der Firmen demnächst Stellen abbauen.

Die Unternehmen im Rheinland blicken zuversichtlich in die Zukunft - und wollen weiter Arbeitsplätze abbauen. Das ist die Quintessenz der gestern vorgestellten jüngsten Konjunkturumfrage der Kölner Industrie- und Handelskammer (IHK). Danach befinden sich Köln und Umgebung im konjunkturellen Aufwärtstrend. Die Unternehmen schätzen ihre wirtschaftliche Lage so gut wie seit zwei Jahren nicht mehr ein. Allerdings sorge das Wachstum keineswegs für mehr Beschäftigung, so IHK-Hauptgeschäftsführer Herbert Ferger: "Wir stellen eine immer stärkere Entkopplung von konjunktureller Entwicklung und Arbeitsmarkt fest."

Insgesamt befragte die IHK Köln 741 Firmen in den Städten Köln und Leverkusen, im Oberbergischen Kreis, Rhein-Erft-Kreis und Rheinisch-Bergischen Kreis für ihre Konjunkturumfrage. Dabei beurteilten 25,4 Prozent der Befragten ihre momentane Geschäftslage als "gut" und 54,7 Prozent als "befriedigend". Lediglich ein Fünftel der Unternehmen bezeichnete seine Lage als "schlecht" (19,9 Prozent). In der Einschätzung der weiteren Geschäftsentwicklung sehen die Zahlen noch besser aus: 27,3 Prozent gehen von "besser" und 57,5 Prozent von "gleich bleibend" aus, dagegen nur 15,2 Prozent von "schlechter".

Besonders optimistisch ist die Stimmung der Unternehmen im Kölner Stadtgebiet, die ihre aktuelle wie auch zukünftige Geschäftslage noch positiver als der Durchschnitt der befragten Firmen im gesamten IHK-Bezirk bewerteten. Dabei profitierten die Unternehmen vor allem vom starken Auslandsgeschäft. So liege die Exportquote in der Region Köln mit 42,5 Prozent deutlich über dem Landes- und Bundesdurchschnitt. Die Binnenwirtschaft entfalte dagegen "noch immer keine Dynamik".

Allerdings findet der konjunkturelle Aufschwung weitgehend ohne die Arbeitnehmer statt. Sie müssen trotz steigender Umsätze und Erträge weiter um ihre Arbeitsplätze bangen. So gaben 31,1 Prozent der Kölner Unternehmen an, demnächst sogar noch Arbeitsplätze abbauen zu wollen. Ein Drittel der Kölner Industrie plant mit weniger Beschäftigten. Demgegenüber rechneten nur 18,2 Prozent der Firmen mit Neueinstellungen.

Hinzu komme die weiter steigende Anzahl an Firmeninsolvenzen, die allein im vergangenen Jahr rund 5.000 Menschen ihren Arbeitsplatz kosteten. Dies bedeute, dass trotz der zaghaften Konjunkturerholung in den kommenden Monaten die Arbeitslosigkeit weiter steigen werde, prognostizierte die IHK.

Auch die im Vergleich zum Vorjahr gesunkene Anzahl offener Stellen belege die eher schlechten Aussichten für den Kölner Arbeitsmarkt. "Tatsache ist, dass es den Unternehmen gar nicht so schlecht geht, dem Wirtschaftsstandort jedoch schon und dem Arbeitsmarkt erst recht", bedauerte Ferger. "So lange der Arbeitsmarkt blockiert bleibt, kann sich eine breite Erholung für Konsum und Handel nicht einstellen", so der IHK-Hauptgeschäftsführer.

Zur Lösung der Probleme am Arbeitsmarkt schlägt Ferger vor, die Lohnnebenkosten "nachhaltig" zu senken, das Tarif- und Arbeitsrecht in Richtung weiterer Flexibilisierung zu ändern, die Sozialsysteme umzubauen und die Wochen- sowie die Lebensarbeitszeit zu verlängern. Eindringlich warnte er die rot-grüne Bundesregierung vor einer "Reformpause": "Weitere Reformen dürfen nicht verschoben werden!"

Kölns DGB-Chef Wolfgang Uellenberg-van Dawen appellierte hingegen an die Unternehmer, Produktionssteigerungen nicht weiter durch Arbeitszeitverlängerungen aufzufangen: "Jetzt ist die Stunde gekommen, Leute einzustellen", sagte Uellenberg der taz.


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