10.03.2005

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*   Feiern wie Wahlen fallen
Von Pascal Beucker
CDU feierte Jubiläum mit ganz legalen Spenden für Kohl.

Man soll die Feste feiern wie sie fallen, lautet ein altes deutsches Sprichwort. Blickt die CDU zurück auf ihre Geschichte, dann kann sie dort in diesem Jahr viele gute Anlässe finden, die sich vortrefflich feiern lassen. Mitte Oktober beispielsweise jährt sich ihr "erster gesamtdeutscher Parteitag", auf dem sich die Christdemokraten 1950 - und damit erst nach dem CDU-Wahlsieg von 1949 - in Goslar offiziell bundesweit zusammenschlossen. Ein guter Termin wäre auch der 2. September. An diesem Tag vor 60 Jahren wurde in Köln der rheinländische und in Bochum der westfälische Landesverband der Christlichen Demokraten gegründet. Oder der 26. Juli. An diesem Tag veröffentlichte 1945 in Berlin ein Gründerkreis seinen Aufruf an "die christlichen, demokratischen und sozialen Kräfte zur Sammlung". Allerdings haben alle diese Jahrestage einen schwerwiegenden Nachteil: Sie liegen erst nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Schon ärgerlich, dass die Gründerväter und wenigen Gründermütter von einst damals so wenig Sensibilität für die Bedürfnisse der heutigen politischen Generation aufgebracht haben.

Was soll's: Wenn die Ahnen schon so wenig Weitblick besessen haben, dann können auch die Nachfahren ihre Jubiläen dann begehen, wann es ihnen passt. Und so lud die Konrad-Adenauer-Stiftung halt am Dienstagabend zu ihrer Festveranstaltung "60 Jahre CDU" in den Kölner Gürzenich. Mit dem CDU-Ministerpräsidentenanwärter Jürgen Rüttgers - und mit der großen Lichtgestalt Helmut Kohl. Das Auditorium spendete ganz legal: viel Applaus.

Es hätte doch aber auch tatsächlich am 8. März 1945 etwas Christdemokratisches stattgefunden haben können, oder? Was hätten die Menschen schließlich zwei Tage, nach dem die US-Truppen Köln als erste deutsche Großstadt befreit hatten und zwei Monate vor Kriegsende anderes tun sollen, als mit voller Kraft an den Aufbau der CDU zu gehen? Auf jeden Fall: Hätten sie gewusst, dass das Rüttgers heute hätte unterstützen können, im Mai NRW-Regierungschef zu werden - sie wären gewiss sofort ans Werk gegangen.

Da sie es nicht wussten, begannen erst am 17. Juni 1945 im örtlichen Kolpinghaus die Beratungen zur Gründung einer christlich-demokratischen Partei. Damit gehörten die Kölner zu den ersten, die an den Parteiaufbau gingen. Am 1. Juli 1945 verabschiedete der vorwiegend aus früheren Zentrumspolitikern bestehende Kreis die stark von der katholischen Soziallehre geprägten "Kölner Leitsätze". "So vertreten wir einen wahren christlichen Sozialismus", heißt es dort. Und auch: "Die Vorherrschaft des Großkapitals, der privaten Monopole und Konzerne wird gebrochen."

Doch auf solche Flausen nahm Rüttgers in seiner Rede unter dem Titel "Wider den Zeitgeist" keinen Bezug, als er verkündete: "So müssen wir heute Politik für Deutschland neu entwerfen, und zwar aus der unverändert selben Geisteshaltung heraus, aus der die CDU gegründet wurde." Denn mit der christdemokratischen Geisteshaltung von anno dunnemals ist es so wie mit den christdemokratischen Jahrestagen: Man muss das heute nicht mehr so genau nehmen.


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