10.06.2005

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*   Halbjahr mit Nachspiel
Von Pascal Beucker
In Köln steht ab heute der Ex-Rewe-Chef vor Gericht.

Ernst Dieter Berninghaus galt als ein Shootingstar unter den deutschen Managern. Als im Mai 2004 der gebürtige Kölner mit nicht einmal vierzig Jahren zum Vorstandssprecher der Rewe-Zentral AG und der Rewe-Zentralfinanz eG aufstieg, jubilierten nicht nur die Aufsichtsräte über den "Hoffnungsträger". Das "Handelsblatt" beschrieb den promovierten Diplomkaufmann, die Großeltern betrieben im Bergischen einen Rewe-Laden, als "jungen Wilden, der oft schon morgens um sechs durch den Kölner Stadtwald joggt". Der "Spiegel" bezeichnete den Mann mit den bunten Krawatten und recht langen Haarpracht als "Paradiesvogel", mit dem in der traditionsreichen Genossenschaft eine neue Zeit zu beginnen schien. Sie dauerte kein halbes Jahr.

Im Oktober 2004 hatte Berninghaus völlig überraschend sein Amt als Vorstandschef niedergelegt - "aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung", wie das Unternehmen verkündete. Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Fast gleichzeitig startete die Staatsanwaltschaft Köln Ermittlungen gegen ihn wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung und Betrugs. Ende 2004 reichte Rewe Schadenersatzklage ein und stellte Anfang 2005 zudem eine Strafanzeige gegen Berninghaus und möglicherweise beteiligte Personen. Der einstige Hoffnungsträger zog sich in die Schweiz zurück.

Ab heute steht Berninghaus nun in Köln vor Gericht. In dem Zivilprozess vor einer Kammer für Handelssachen am Landgericht geht es um fast 27 Millionen Euro. Die will Rewe als Schadensersatz von ihrem früheren Angestellten erstreiten. Der Kölner Handelskonzern beschuldigt Berninghaus, verdeckt Anteile an der kleinen Schweizer Internetfirma Nexum AG erworben zu haben. Als Geschäftsführer der Rewe-Tochter Internet Media habe er sich dann für den im Jahr 2000 erfolgten millionenschweren Kauf von Nexum durch Rewe stark gemacht. Berninghaus soll für das Einfädeln des Geschäfts Millionen kassiert haben, und zwar am Fiskus vorbei.

Für Rewe jedenfalls war der Deal eine Pleite: Noch 2000 sah sich der Konzern gezwungen, den Bilanzwert der Neuanschaffung deutlich zu reduzieren. 2001 wurde die Nexum AG komplett abgeschrieben.


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