13.12.2005

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taz

*   Ärzte fordern Schmerzensgeld
Von Pascal Beucker
An elf kommunalen Krankenhäusern in NRW streiken heute Ärzte für bessere Arbeitsbedingungen und 30 Prozent mehr Lohn: "Wir sind zur Eskalation bereit!" Kliniken arbeiten mit Notbesetzung.

Nach den Ärzten der Unikliniken gehen auch ihre Kollegen in den kommunalen Krankenhäusern für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld auf die Barrikaden. In NRW soll es heute an elf Kliniken zu Warnstreiks kommen. An weiteren seien kleinere Aktionen geplant, gab der NRW-Landesvorsitzende des Marburger Bundes, Rudolf Henke, gestern in Düsseldorf bekannt.

Mit dem Arbeitskampf, an dem sich heute bundesweit Ärzte von rund 100 der 700 Kliniken in kommunaler Trägerschaft beteiligen sollen, will die Ärztevereinigung den Verband kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) an den Verhandlungstisch zwingen. Wenn der VKA nicht endlich zu Verhandlungen bereit sei, "sind wir zu einer Eskalation in der Lage", sagte Henke kämpferisch. In einer vom Marburger Bund organisierten Urabstimmung hatten sich zuvor 98,7 Prozent der beteiligten Ärzte für Streiks ausgesprochen.

Der VKA lehnt bislang Verhandlungen mit dem Marburger Bund über einen arztspezifischen Tarifvertrag ab. Stattdessen wollen die kommunalen Arbeitgeber den mit der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und der dbb tarifunion Mitte September abgeschlossenen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst auch auf die Krankenhausärzte übertragen. Das stößt auf den erbitterten Widerstand des Marburger Bundes, der den Tarifvertrag für "ärztefeindlich" hält, da er zu Einkommenseinbußen führen werde. Der Verband hat die Tarifgemeinschaft mit Ver.di gekündigt.

Nun tritt der Marburger Bund den Arbeitgebern mit einem Forderungskatalog entgegen. Kernpunkte sind ein Ende von Marathondiensten und 30 Prozent mehr Gehalt. Eine solche Lohnerhöhung sei "im internationalen Vergleich" angemessen, betonte Henke, der auch für die CDU im Landtag sitzt.

Der VKA hält eine solche Lohnforderung indes für "eine Provokation": "Das Streben des Marburger Bundes nach mehr Geld für die Ärzte müsste zu Lasten des Einkommens der übrigen Beschäftigten in den Krankenhäusern gehen", sagte VKA-Hauptgeschäftsführer Manfred Hoffmann. Dabei seien die Ärzte ohnehin "die Bestverdiener" in den Kliniken.

In NRW sind für heute Streiks an den Kliniken in Krefeld, Dortmund, Remscheid, Köln und Solingen, den Kreiskrankenhäusern in Dormagen und Grevenbroich, dem Krankenhaus Bad Oeynhausen, dem Neurologischen Reha-Zentrum Bonn, dem St. Petri Hospital Warburg und dem Medizinischen Zentrum Kreis Aachen angekündigt. Patienten müssen sich auf einen eingeschränkten Dienst einstellen.

Der Kommunale Arbeitgeberverband NRW bezeichnete die Streikaktionen als "unverantwortlich und rechtswidrig". Allerdings scheiterten die Städtischen Kliniken Köln am Freitag beim Arbeitsgericht mit ihrem Versuch, per Einstweiliger Verfügung den Streik unterbinden zu lassen.


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