23.01.2006

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taz

*   KOMMENTAR: Die Verlockungen der Grauzone
Von Pascal Beucker 

Eon: Der Gesetzgeber muss festlegen, wo Korruption anfängt.

Seit Jahren wird über die bedenkliche Nähe zwischen Wirtschaft und Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung diskutiert. Angesichts dessen ist schon bemerkenswert, wie konsequenzlos diese Diskussion bislang geblieben ist.

Jedem Politiker hätte die Anrüchigkeit von Angeboten, wie sie die "Lustreisen" der in Essen ansässigen Eon Ruhrgas und auch der RWE-Tochter Thyssengas darstellen, klar sein müssen. Manche - allerdings nur wenige - Mandatsträger lehnten eine Teilnahme ja auch genau deswegen ab. Doch die Mehrzahl der Politiker zeigte sich gänzlich unsensibel gegenüber den Verlockungen in der Grauzone hin zur Korruption, mit denen Unternehmen sie wohlgesinnt zu stimmen versuchten. Schließlich habe es doch solche Fahrten schon immer gegeben. Was könnte daran also plötzlich auszusetzen sein?

Inwiefern die etwas fachfremden Aktivitäten von Eon als Reiseveranstalter dabei tatsächlich justiziabel sind, werden die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zeigen. Moralisch haben die betroffenen Kommunalpolitiker allerdings auf jeden Fall einen Offenbarungseid geleistet. Es ist höchste Zeit, dass der Gesetzgeber endlich eindeutige Grenzen zieht und festlegt, wo Korruption anfängt und welche - möglichst empfindlichen - Strafen sie für Geber wie Nehmer zur Folge hat.

Geschieht dies nicht, wird trotz aller Skandale die politische Landschaftspflege weiter zum Tagesgeschäft nicht nur, aber eben auch und gerade der Energiewirtschaft zählen. Was Wunder: Für die Konzerne geht es um viel Geld, das sie verlieren könnten, wenn ihre monopolartige Stellung auf dem deutschen Energiemarkt gebrochen würde. Die netten Trips, die Eon für die Aufsichtsräte ihrer besten Kunden, die kommunalen Gasversorger, organisierte, sind nur die Spitze des Eisbergs.

Immerhin ist bislang noch nicht bekannt geworden, dass Eon zur Geschäftsförderung auch zu jenen schmierigen Mitteln greift, die bei Unternehmen wie der russischen Gazprom üblich sind, an der der Essener Konzern beteiligt ist. Das zumindest ist eine gute Nachricht.


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