Der Zeitpunkt für die
Inthronisierung Ayyub Axel Köhlers zum neuen Vorsitzenden des
Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) hätte durchaus günstiger
gewählt sein können. Angesichts des Karikaturenstreits interessiert
sich derzeit niemand so recht für die kleine Sensation seiner Wahl,
sondern nur dafür, was der Nachfolger von Nadeem Elyas zu den paar
Zeichnungen in der Jyllands-Posten und den eigenartigen
Reaktionen mancher Anhänger Mohammeds darauf zu sagen hat.
Dabei ist die
Entscheidung des ZMD vom Wochenende, seinen bisherigen Generalsekretär
an die Verbandsspitze zu wählen, in der Tat außergewöhnlich. Ein
FDP-Mitglied als Chef eines religiösen Dachverbandes - wo
ausgerechnet jene Partei mit ihrem Faible für Antiklerikales immer
wieder den Unmut der Kirchen auf sich zog? Ein deutscher
"Heimatvertriebener" an der Spitze einer islamischen
Organisation?
Der 1938 im heute
polnischen Stettin geborene Köhler, langjähriger Ortsvorsitzender
der FDP in Köln-Nippes, ist beides. Aufgewachsen in Schönwalde im südbrandenburgischen
Kreis Herzberg, wohin er mit seiner Familie während des Zweiten
Weltkriegs evakuiert wurde, machte Köhler 1956 sein Abitur in Halle
an der Saale. Noch im selben Jahr floh er aus der DDR. Nach seinem
Studium der Geowissenschaften in Freiburg, Kiel und Köln, das er 1968
mit der Promotion abschloss, arbeitete er von 1970 bis 1973 als
Assistenzprofessor an der Universität Teheran. Nach seiner Rückkehr
war er bis zu seiner Pensionierung am Kölner Institut der deutschen
Wirtschaft tätig.
Schon zu Beginn der
Studienzeit hatte Köhler seine Faszination für den Islam entdeckt,
auf den er über den Kontakt zu muslimischen Kommilitonen gestoßen
war. 1963 konvertierte er. In der Folgezeit engagierte er sich in
muslimischen Vereinigungen und gehörte wie auch sein Vorgänger Elyas
Ende der 80er-Jahre zu den Gründern des Islamischen Arbeitskreises,
aus dem 1994 der ZMD entstand. Besonders der "klare und natürliche
Gottesbegriff" fasziniere ihn am Islam, der "eine natürliche
und aufklärerische Religion" sei, so Köhler.
Und was sagt der neue
ZMD-Chef nun zu den gegenwärtigen Verwerfungen? Aufklärung hin,
Humanismus her - selbstverständlich empört sich auch Köhler, in
zweiter Ehe mit der ebenfalls strenggläubigen (und in der FDP
engagierten) Asiye Zilelioglu-Köhler verheiratet, über diese
"schlimmen Karikaturen". Sie seien "blasphemisch,
beleidigend und entwürdigend", Protest dagegen gerechtfertigt.
Gleichwohl hat der 67-Jährige jetzt an alle Muslime appelliert,
"sich nicht provozieren zu lassen". Denn Gewalt sei
"unislamisch".