07.02.2006

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taz

*   Ein Vertriebener, im Islam zu Hause
Von Pascal Beucker 

Porträt Ayyub Axel Köhler.

Ayyub Axel KöhlerDer Zeitpunkt für die Inthronisierung Ayyub Axel Köhlers zum neuen Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) hätte durchaus günstiger gewählt sein können. Angesichts des Karikaturenstreits interessiert sich derzeit niemand so recht für die kleine Sensation seiner Wahl, sondern nur dafür, was der Nachfolger von Nadeem Elyas zu den paar Zeichnungen in der Jyllands-Posten und den eigenartigen Reaktionen mancher Anhänger Mohammeds darauf zu sagen hat.

Dabei ist die Entscheidung des ZMD vom Wochenende, seinen bisherigen Generalsekretär an die Verbandsspitze zu wählen, in der Tat außergewöhnlich. Ein FDP-Mitglied als Chef eines religiösen Dachverbandes - wo ausgerechnet jene Partei mit ihrem Faible für Antiklerikales immer wieder den Unmut der Kirchen auf sich zog? Ein deutscher "Heimatvertriebener" an der Spitze einer islamischen Organisation?

Der 1938 im heute polnischen Stettin geborene Köhler, langjähriger Ortsvorsitzender der FDP in Köln-Nippes, ist beides. Aufgewachsen in Schönwalde im südbrandenburgischen Kreis Herzberg, wohin er mit seiner Familie während des Zweiten Weltkriegs evakuiert wurde, machte Köhler 1956 sein Abitur in Halle an der Saale. Noch im selben Jahr floh er aus der DDR. Nach seinem Studium der Geowissenschaften in Freiburg, Kiel und Köln, das er 1968 mit der Promotion abschloss, arbeitete er von 1970 bis 1973 als Assistenzprofessor an der Universität Teheran. Nach seiner Rückkehr war er bis zu seiner Pensionierung am Kölner Institut der deutschen Wirtschaft tätig.

Schon zu Beginn der Studienzeit hatte Köhler seine Faszination für den Islam entdeckt, auf den er über den Kontakt zu muslimischen Kommilitonen gestoßen war. 1963 konvertierte er. In der Folgezeit engagierte er sich in muslimischen Vereinigungen und gehörte wie auch sein Vorgänger Elyas Ende der 80er-Jahre zu den Gründern des Islamischen Arbeitskreises, aus dem 1994 der ZMD entstand. Besonders der "klare und natürliche Gottesbegriff" fasziniere ihn am Islam, der "eine natürliche und aufklärerische Religion" sei, so Köhler.

Und was sagt der neue ZMD-Chef nun zu den gegenwärtigen Verwerfungen? Aufklärung hin, Humanismus her - selbstverständlich empört sich auch Köhler, in zweiter Ehe mit der ebenfalls strenggläubigen (und in der FDP engagierten) Asiye Zilelioglu-Köhler verheiratet, über diese "schlimmen Karikaturen". Sie seien "blasphemisch, beleidigend und entwürdigend", Protest dagegen gerechtfertigt. Gleichwohl hat der 67-Jährige jetzt an alle Muslime appelliert, "sich nicht provozieren zu lassen". Denn Gewalt sei "unislamisch".


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