20.06.2006

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taz

*   Köln übernimmt Frankfurt
Von Pascal Beucker
FR-Chefredakteur Uwe Vorkötter könnte endlich den Arbeitgeber bekommen, den er sich gewünscht hat: Der Kölner Verlag M. DuMont steht vor dem Einstieg bei der Frankfurter Rundschau.

Dass ein Chefredakteur Empfehlungsschreiben für einen Verleger verfasst, ist ein ungewöhnliches Unterfangen. Uwe Vorkötter hat es getan. Alfred Neven DuMont sei "einer der namhaftesten deutschen Zeitungsverleger", schwärmte er seinen Lesern vor. Und gegenüber der taz konkretisierte er noch sein Faible für den Kölner Großverleger: Neven DuMont sei ein "Mensch mit verlegerischen Ambitionen" und dessen M. DuMont Schauberg (MDS) "ein Verlag, von dem ich weiß, dass er mit Zeitungen auf dem deutschen Markt umgehen kann". Das war im Oktober 2005 und Vorkötter arbeitete noch bei der Berliner Zeitung. Gestern trat er seinen neuen Job als Chefredakteur bei der Frankfurter Rundschau (FR) an - und die Chancen, dass er über diesen Umweg jetzt doch noch seinen Traumarbeitgeber bekommt, scheinen gut zu stehen.

Noch gibt man sich auf Seiten der Beteiligten zugeknöpft: "Kein Kommentar", heißt es nur schmallippig aus dem Kölner Verlagshaus. Auch der SPD-Medienholding DDVG, die derzeit noch 90 Prozent der FR-Herausgeberin Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main GmbH hält, ist keine Stellungnahme zu entlocken. Doch die Anzeichen verdichten sich, dass die Verhandlungen in eine entscheidende Phase getreten sind und MDS kurz vor dem Einstieg bei die Rundschau steht. "Wenn nichts dazwischenkommt, landet das Paket bei den Kölnern", zitiert die Süddeutsche Zeitung einen "Eingeweihten". Die meisten Streitpunkte seien bereits erledigt.

Wie es heißt, will MDS 50 Prozent der Verlagsanteile von der DDVG übernehmen und damit zum neuen Mehrheitsgesellschafter aufsteigen. Der Kaufpreis soll bei mehr als 30 Millionen Euro liegen. Für das viertgrößte deutsche Zeitungshaus (Kölner Stadt-Anzeiger, Kölnische Rundschau, Express, Mitteldeutsche Zeitung) ein verkraftbarer Betrag: Nach zwei Krisenjahren, die MDS erstmalig seit dem Zweiten Weltkrieg Defizite in zweistelliger Millionenhöhe beschert hatten, brummt seit 2004 das Geschäft wieder. Der Verlag - dessen Aufsichtsrat seit vergangener Woche der Ex-SPD-Politiker Wolfgang Clement angehört - ist in den schwarzen Zahlen, die Kriegskasse gut gefüllt. So ist MDS denn auch seit längerem schon auf der Suche nach einem geeigneten Objekt, um sein Portfolio zu erweitern. Für die Berliner Zeitung soll das traditionsreiche liberale Familienunternehmen sogar bereit gewesen sein rund 175 Millionen Euro springen zu lassen - wenn es denn zum Zuge gekommen wäre.

Die DDVG hatte 2004 den größten Teil der kräftig in finanzielle Schieflage geratenen FR übernommen und grundsaniert. Durch Entlassungen und Outsourcing wurde die Zahl der Arbeitsplätze drastisch von 1.700 auf 750 reduziert. Außerdem wurde der Sitz des Verlagshauses in der Frankfurter Innenstadt verkauft.


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