Keine
Unterstützung erfährt der Berliner Innensenator mit seinem
Vorschlag, ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD einzuleiten.
Nach dem NPD-Bundesparteitag vom Wochenende ist der Vorschlag
des Berliner Innensenators Ehrhart Körting (SPD), durch den Abzug
sämtlicher V-Leute ein neues Verbotsverfahren gegen die Partei zu
ermöglichen, auf ein überwiegend negatives Echo
gestoßen. Eine taz-Umfrage in mehreren Bundesländern ergab,
dass Körtings Kollegen zu einem solchen Schritt nicht bereit sind
- teils aus taktischen Gründen, teils weil sie einen neuerlichen
Verbotsantrag von vornherein ablehnen.
So verwies der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU)
darauf, dass bei einem Verzicht auf den Einsatz von V-Leuten
möglicherweise entscheidende Informationen für die
Argumentation vor dem Bundesverfassungsgerichts fehlen könnten.
"Ein Verbotsverfahren dauert ja ein bis zwei Jahre", sagte ein
Sprecher. "Was soll man dann sagen, wenn das Gericht fragt, welche
aktuellen Erkenntnisse man hat - und man gar nicht mehr in den
innersten Zirkeln drin ist?" Ähnlich äußerte sich eine
Sprecherin des baden-württembergischen Innenministers Heribert
Rech (CDU). "Wir verzichten nur ungern auf unsere Quellen", ließ
auch der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD)
erklären.
Mit dem sachsen-anhaltischen Innenminister Holger Hövelmann (SPD)
wies allerdings auch ein entschiedener Befürworter eines
NPD-Verbots auf die praktischen Probleme eines Rückzugs der
Informanten hin. Dies könne ja nur durch glaubwürdige
"Abschaltung" und nicht als eine Art Selbstenttarnung durch offenen
Rückzug aus Parteiämtern geschehen, sagte Hövelmanns
Sprecher der taz.
Das benachbarte Bundesland Brandenburg biete zudem ein krasses Beispiel
dafür, wie sich immer mehr freie Kameradschaften auflösten
und unter dem Dach der NPD Unterschlupf fänden. Die dort aktiven
Informanten des Verfassungsschutzes wanderten also mit, blieben aber
für die Beobachtung der rechtsextremen Kameradschaften weiterhin
wichtig. "Die Politik befindet sich seit dem gescheiterten
Verbotsverfahren in einem Dilemma", hieß es aus Magdeburg.
Der nordrhein-westfälische Innenminister Ingo Wolf (FDP) meinte,
für ihn stelle sich die Frage nach einem Abzug der V-Leute
überhaupt nicht, da sein Bundesland ein neuerliches
Verbotsverfahren ohnehin ablehne. "Generell helfen
Parteiverbotsverfahren nicht weiter", erklärte Wolf. "Die NPD muss
politisch bekämpft werden."
Thüringens Innenminister Karl Heinz Gasser (CDU) hält den
Zeitpunkt für ein neues Verbotsverfahren für "derzeit nicht
günstig". Sein Sprecher sagte, die Frage von V-Leuten sei
zweitrangig. Nach dem Erkenntnisstand aus dem ersten Verbotsverfahren
seien solche Informanten in Thüringen auch nicht aktiv.
Der künftige Umgang mit der NPD soll in dieser Woche auch Thema
der in Nürnberg stattfindenden Innenministerkonferenz sein. Auf
Anregung des schleswig-holsteinischen Innenministers Ralf Stegner (SPD)
wollen sich die Politiker dort insbesondere mit den
Unregelmäßigkeiten in den NPD-Parteifinanzen (siehe unten)
beschäftigen.
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