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20.11.2006

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taz

*   Ein planmäßiges Ja
Von Pascal Beucker
Auf ihrem Parteitag hat die WASG den Weg für die Fusion mit der Linkspartei.PDS freigemacht. Dafür mussten sie ihrer Mutation von der Partei zum Verein zustimmen.

Der WASG-Mitgründer Klaus Ernst warnte: "Wenn wir jetzt das Projekt vergeigen, haben alle, die hier sitzen, versagt." Linke Wähler enttäusche man nur einmal, "dann ist Friedhofsruhe in Deutschland", sagte er am Wochenende zu Beginn des Bundesparteitags der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG). Klaus Ernsts Worte kamen offensichtlich an. Eine stabile Mehrheit der 274 im westfälischen Geseke-Eringerfeld versammelten Delegierten stimmte für den von der Parteiführung mit der Linkspartei ausgehandelten Weg zur Fusion.

Dafür warben auch die beiden linken Matadore Oskar Lafontaine und Gregor Gysi. "Wir brauchen eine Linke, die die Rechte blockt", verkündete Lafontaine, das sei "die historische Aufgabe". Darüber hinaus appellierte er an beide Parteien, alle Kräfte für die 2007 anstehende Bürgerschaftswahl in Bremen zu bündeln. Man wolle beweisen, dass die Linke auch im Westen erfolgreich sein könne: "Wir müssen endlich auch hier in ein Landesparlament."

Dass der frühere SPD-Bundesvorsitzende immer noch nicht an falscher Bescheidenheit leidet, demonstrierte er durch die Ankündigung, seine geplante Spitzenkandidatur bei der saarländischen Landtagswahl 2009 sei keineswegs als ein Abschied von der Bundesebene zu verstehen: "Ich werde antreten, um die Regierung zu bilden, und dann bin ich ganz dicke in der Bundespolitik." Die Delegierten hörten es gern. Ebenso wie Gysis Satz "Wir kommen - und zwar zusammen." Sowohl Lafontaine als auch Gysi, der zum ersten Mal auf einer WASG-Bundeskonferenz auftrat, bekamen viel Applaus.

Sogar eine Kröte schluckte die Versammlung: die Umwandlung der WASG in einen eingetragenen Verein, eine notwendige Voraussetzungen für die Fusion mit der Linkspartei. Denn bei der geplanten "Parteineubildung" handelt es sich zum Leidwesen vieler Basis-WASGler juristisch nicht um eine Neugründung, sondern nur um einen Beitritt der kleineren WASG mit ihren 11.901 Mitgliedern zur Linkspartei mit 61.000 Mitgliedern. Wohl deshalb sprach Ernst stets nur von einer "politischen Neubildung". Das umstrittene Verfahren dient vor allem dazu, dass die Linkspartei nicht ihre Ansprüche auf Wahlkampfkostenerstattung verliert und dass das Geld der parteieigenen Rosa-Luxemburg-Stiftung nicht gefährdet ist. Es basiert auf Vorschlägen des Parteienrechtlers Martin Morlok: Linkspartei und WASG bleiben zwar Parteien, wandeln sich als solche aber in eingetragene Vereine um. Danach tritt der kleinere dem größeren bei. So ist vor Jahren auch die Großgewerkschaft Ver.di entstanden.

Auch personell setzte sich die altgediente WASG-Bundesspitze durch: Sowohl Ernst als auch Axel Trost, Felicitas Weck und Schatzmeister Thomas Händel konnten sich gestern bei den Wahlen zum Geschäftsführenden Bundesvorstand durchsetzen. Um den Bundestagsabgeordneten Ernst und Trost trotz der ursprünglich einmal beschlossenen Trennung von Amt und Mandat ab 2007 ihre erneute Kandidatur zu ermöglichen, hatte der Parteitag zuvor mit knapper Mehrheit dafür gestimmt, eine entsprechende Übergangsregelung zu verlängern. Linke Kritiker wie die bisherigen Bundesvorstandsmitglieder Thies Gleiss und Rainer Spilker sowie die Berliner Trotzkistin Lucy Redler wurden hingegen abgestraft: Sie scheiterten im ersten Wahlgang bei ihren Kandidaturen für den erweiterten Bundesvorstand. Und nur Gleiss und Redler wurden im zweiten Wahlgang gewählt - Spilker dagegen fiel komplett durch.

Die Entscheidung über ein Zusammengehen von WASG und Linkspartei soll in Urabstimmungen im Frühjahr 2007 und auf parallel stattfindenden Bundesparteitagen Ende März 2007 in Dortmund und Mitte Juni in Berlin fallen. Für den 16. Juni ist der erste Parteitag des Projekts "Die Linke" geplant.


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