04.01.2006

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*   Geißbock bekommt Schweizer Hirten
Von Pascal Beucker
Die Kunst, in Köln einen neuen Fußballtrainer zu finden: Der 1.FC entscheidet sich mal wieder für einen Eidgenossen.

Otto Rehagel, Ottmar Hitzfeld, Matthias Sammer, Ralf Rangnick, Klaus Toppmöller, Lothar Matthäus, Walter Schachner - und am aller, aller liebsten natürlich Christoph Daum. Der Namen nicht wenige kreisten in den vergangenen Wochen über dem Geißbockheim. Und wäre der 1. FC Köln der FC Bayern München, hätte sich - bis zum Gewinn der Meisterschaft - wohl Präsident und Fußballlegende Wolfgang Overath persönlich wie weiland Franz Beckenbauer auf die Trainerbank gesetzt. Jedenfalls sollte es schon irgendwie ein Supermann sein, um den Kickern des Traditionsclub vom Rhein das Fußballspielen wieder etwas näher zu bringen. Jetzt ist es ein Trainer aus der Super League, der schweizerischen, geworden. Hanspeter Latour heißt der neue Chefcoach, den der abstiegsbedrohte Bundesligist gestern präsentierte. Der vom ebenfalls neuen Vereinsmanager Michael Meier angekündigte Überraschungscoup ist gelungen.

"Real Madrid wäre eine Herausforderung", hatte der in der Alpenrepublik recht populäre Latour, der einst mit dem FC Solothurn immerhin die gesamtschweizerische Wertung für Fairness gewinnen konnte und bislang bei Grasshoppers Zürich unter Vertrag stand, erst unlängst geäußert. Nun darf er sich stattdessen am FC versuchen. Die notwendige Grundqualifikation dürfte der 58-jährige Übungsleiter für diese Aufgabe besitzen: Es heißt über Latour, keiner könne den Traum vom Erfolg auch im Misserfolg so charmant verkaufen wie er. Außerdem, so verriet Latour unlängst in einem Interview, geht der frühere Torhüter auch noch in die Kirche. Das käme zwar nur "drei- bis viermal pro Jahr" vor. Aber: "Es tut jedes Mal gut." Der Segen des ausgewiesenen FC-Fans Joachim Meisner dürfte ihm also gewiss sein - was in einer Domstadt auch nicht ganz unwichtig ist.

"Er ist begeisterungsfähig, leidenschaftlich, authentisch, Stress erfahren und hat die Kraft, Widerstände zu überwinden, die kommen werden", charakterisierte Manager Meier bei der gestrigen Präsentation den Nachfolger des kurz vor der Winterpause entlassenen Uwe Rapolder. Was Meier vergaß zu erwähnen: Die Geißböcke haben ja bereits schon einmal außergewöhnlich gute Erfahrungen mit einem Ex-Grasshopper-Trainer gemacht. Immerhin gilt der Schweizer Marc Koller als der Entdecker der großen FC-Talente Lukas Podolski und Lukas Sinkiewicz.

Schade nur, dass mit Koller die Kölner damals nichts desto trotz aus der Bundesliga abstiegen. Aber auch das dürfte für seinen Landsmann kein Problem sein. Sein Vertrag gilt erst einmal bis zum 30. Juni 2007. Bis dahin könnte Latour den Wiederaufstieg geschafft haben. Immerhin konnte er vor ein paar Jahren sogar den Provinzclub FC Thun in die Super League bringen.


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