15.02.2006

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*   Braune Flecken
Von Pascal Beucker
Das Kölner Verlagshaus M. DuMont Schauberg will seine Vergangenheit im Nationalsozialismus aufarbeiten lassen.

Wenn es um die Aufarbeitung der Verstrickungen seiner Familie in den Nationalsozialismus ging, dann bewies Kölns Ehrenbürger Alfred Neven DuMont bislang stets einen erstaunlichen Mut zur Lücke. Dass sein Vater Kurt am 1. Mai 1937 der NSDAP beigetreten war und im Sommer 1944 vom Reichministerium für Volksaufklärung und Propaganda das Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse mit Schwertern verliehen bekam? Weder im Kölner Stadt-Anzeiger, der Kölnischen Rundschau, der Mitteldeutschen Zeitung, dem Express noch in sonstigen Publikationen des von seinem Sohn geführten Verlagshauses M. DuMont Schauberg (MDS) konnten Leser etwas dazu finden - ebenso wenig wie eine plausible Erklärung, warum die Alliierten nach der Befreiung 1945 den Neven DuMonts die Lizenz zur weiteren Herausgabe ihrer Zeitungen verweigert hatten.

Doch jetzt hat sich der Spiegel der dunklen Flecken in der Familien- und Verlagsgeschichte angenommen - und MDS kräftig in Zugzwang gebracht. Die Neven DuMonts inszenierten sich "gern als Opfer der Nazis", zählten tatsächlich jedoch "zu den Profiteuren der ,Arisierungen'", schreibt das Hamburger Nachrichtenmagazin in seiner aktuellen Ausgabe. Es beruft sich dabei auf die Recherchen des Historikers und Journalisten Ingo Niebel, die dieser am vergangenen Freitag auf einem Symposium des Landschaftsverbandes Rheinland in Köln präsentiert hatte.

Nun ist die Aufregung am Firmensitz in der Amsterdamer Straße groß. Empört wies MDS in einer langen Stellungnahme den Spiegel-Artikel als "journalistisch unverantwortlich" zurück: "Hier wird Geschichte instrumentalisiert." Es sei "die Frage zu stellen, warum der Spiegel, basierend auf zum Teil unwahren und tendenziellen Unterlagen, 65 Jahre nach den Ereignissen, dies zum Anlass nimmt, um das Haus M. DuMont Schauberg und seinen Verleger zu diskriminieren".

Was allerdings an den vorgebrachten Vorwürfen nicht den Tatsachen entsprechen soll, ließ MDS leider offen. Ob Neven DuMont presserechtliche Schritte gegen den Spiegel einleiten will, ist ebenfalls unklar. Auch auf Nachfrage der taz hieß es dazu nur lapidar: "Kein Kommentar."

Aber dafür hat das Verlagshaus jetzt erstmalig die NSDAP-Mitgliedschaft Kurt Neven DuMonts offiziell eingeräumt. Allerdings sei er trotzdem "kein Nazi gewesen". Überdies kündigte MDS an, einen "unabhängigen, renommierten Historiker" gewinnen zu wollen, "um die Verlagsgeschichte des Hauses in der Nazizeit differenziert aufzuarbeiten". Das ist immerhin ein Anfang.


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