11.05.2006

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*   Zu gut abgeschnitten
Von Pascal Beucker und Peter Ortmann
Die Landesregierung hat Probleme mit ihrer Presseschau: Mal werden Artikel passend geschnippelt, mal Werbeanzeigen für redaktionelle Beiträge gehalten. Die Opposition spricht von Manipulation.

Nur ein paar Tage war Ministerpräsident Jürgen Rüttgers weg - und schon regieren Pleiten, Pech und Pannen in Düsseldorf. Diesmal sorgt das Presse- und Informationsamt der Landesregierung für außerordentliche Erheiterung oder nicht minder große Empörung.

Die Frage ist: Können die dort beschäftigten Mitarbeiter einfach nur nicht richtig mit Schere und Klebstoff umgehen - oder verfährt das Amt bei der Zusammenstellung der von ihm herausgegebenen täglichen "Presseschau Nordrhein-Westfalen" nach dem alten Handwerker-Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht?

Anlass für die Provinzposse ist ein Artikel unter der Überschrift "Baustelle NRW" in der Bild-Zeitung vom 8. Mai. In ihm ist nachzulesen, wie das Schwarz-Gelb nicht gerade abgeneigte Springer-Blatt die Mitglieder der Landesregierung bewertet - wenig überraschend: überwiegend positiv. Allerdings schneiden nicht alle gut ab: Bei Sozial- und Arbeitsminister Karl-Josef Laumann beispielsweise ragt der Bewertungspfeil schräg nach unten. Und der Pfeil von Rüttgers weist nicht so kerzengerade nach oben, wie bei seinen Kabinettskollegen Andreas Pinkwart, Barbara Sommer und Christa Thoben. In der in der "Presseschau" der Landesregierung dokumentierten Fassung allerdings sieht das anders aus: Hier ragen auch bei Laumann und Rüttgers die Pfeile steil in die Höhe.

"Das ist die gezielte Manipulation einer Bewertung", wettert nun die grüne Landtagsfraktionschefin Sylvia Löhrmann. Dass die Landesregierung zuweilen gezielt kritische Artikel nicht in ihren Pressespiegel aufnehme, sei "schon seit längerem auffällig", so Löhrmann. "Dass es aber offensichtlich so schlecht um sie bestellt ist, dass sie nun sogar zum Mittel der Fälschung greift, ist eine Ungeheuerlichkeit."

Ein Vorwurf, den Vize-Regierungssprecher Holger Schlienkamp als "absurd" zurückweist. Es handele sich vielmehr nur um einen "bedauerlichen Fehler": Beim Ausschneiden des Artikels seien versehentlich zwei Pfeile abgeschnitten worden. Bei der Korrektur seien dann "andere Pfeile kopiert, ausgeschnitten und auf das zerschnittene Original aufgeklebt" worden - nur eben leider falsch gedreht. Der Artikel sei deswegen nochmals in die "Presseschau" des Folgetages aufgenommen worden - mit korrekt justierten Pfeilen.

Es sei "ein Ausweis eklatanter Führungsschwäche, die erwiesene Manipulation nachgeordneten Mitarbeitern in die Schuhe zu schieben", kommentiert SPD-Fraktionschefin Hannelore Kraft diesen Erklärungsversuch. Nach dem Willen der Opposition soll die "Schnippelaffäre" nun Thema im Landtag werden.

Weniger Probleme hatte das Presse- und Informationsamt indes mit dem Ausschneiden und Aufkleben einer anderen Seite aus der Bild-Zeitung, diesmal vom 5. Mai. Aber auch die bringt nun Ärger - obwohl das, was dort unter der Überschrift "Hollywood im Ruhrgebiet" über die Ruhrfestspiele steht, schon im Original nur positive Botschaften vermittelt. Das einzige Problem: Es handelt sich um eine Werbung des Essener RAG-Konzerns - und entsprechend war die Seite auch im Original mit "Anzeige" gekennzeichnet. Das sei bei der Zusammenstellung der "Presseschau" dummerweise nicht aufgefallen, so ein Presseamtsmitarbeiter zur taz.


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