24.06.2006

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*   Der chinesische Hautabzieher
Von Pascal Beucker
Körperwelten-Chef Hagens verliert vor Gericht: Sein Professorentitel ist nur mit Zusatz zulässig.

Falls man Liebchen für einen unpassenden Nachnamen für einen Leichenpräparator hält und ohnehin lieber adelig klingen mag, kann man heiraten und den Namen der Frau annehmen. Aber wie kann man noch einen schmucken Professorentitel dazubekommen? Gunther von Hagens erhielt seinen im April 1999 von der chinesischen Universität Dalian. Gestern musste das Verwaltungsgericht Düsseldorf darüber entscheiden, ob das nordrhein-westfälische Ministerium für Wissenschaft und Forschung dem geschäftstüchtigen Erfinder der "Körperwelten" zurecht auferlegt hat, seinen akademischen Grad nur mit dem Klammerzusatz "VCR" für Volksrepublik China führen zu dürfen.

Diesen Hinweis nämlich hatte der umstrittene Menschenplastinator dummerweise mehrere Male "vergessen" - und sich damit unangenehmen juristischen Ärger eingehandelt: Im April 2005 wurde von Hagens in Baden-Württemberg wegen Titelmissbrauchs zu einer Geldstrafe in Höhe von 108.000 Euro verurteilt. Die Universität Heidelberg, an der er von den 1970er Jahren bis 1998 tätig war, hatte Strafanzeige erstattet. Begründung: Von Hagens sei von der Uni niemals der Professorentitel verliehen worden. Er führe den Titel aber wie ein Logo in Katalogen sowie auf Plakaten. Das Berufungsverfahren wurde ausgesetzt, um den Ausgang des Düsseldorfer Prozesses abzuwarten.

Denn von dem Verwaltungsgericht in der Landeshauptstadt hatte von Hagens feststellen lassen wollen, dass die seinerzeitige Auflage der NRW-Landesregierung rechtswidrig gewesen sei. So habe das Wissenschaftsministerium in seinem Bescheid einen - später korrigierten - Fehler begangen: Es legte ihm zunächst auf, seinen Professorentitel mit dem Länderzusatz "RC" zu führen. Diese Abkürzung steht jedoch für Taiwan und nicht für China. Hätte er diesen Zusatz geführt, wäre das ein Affront gegen die chinesischen Stellen gewesen, die ihm den Titel verliehen hatten, so seine Argumentation. Außerdem gehe es ihm auch um Grundsätzliches: Mit dem Rechtsstreit wolle er dem öffentlichen Eindruck der Hochstapelei widersprechen.

Damit hatte der exzentrische Anatom gestern jedoch keinen Erfolg: Die Düsseldorfer Richter wiesen seine Klage ab. Er dürfe seinen chinesischen Titel nicht ohne Zusatz führen, beschieden ihm die Richter und folgten damit einer Eilentscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom März 2005.

Aufgeben will Gunther von Hagens deswegen aber noch nicht. Er hat nun angekündigt, notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte um seinen Professorentitel streiten. Bei der deutschen Justiz herrsche eine große Voreingenommenheit gegen seine Person.


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