Die MLPD kauft eine Polizeiwache in
Gelsenkirchen - jetzt flüchten die Beamten vor den
Berufsrevolutionären.
Die
roten Fahnen sind eingerollt; die Bilder von Stalin, Mao Zedong oder
Enver Hoxha höchstens noch auf einigen verstaubten
Dachböden versteckt in der Ecke zu finden. Irgendwie ist der
Marxismus-Leninismus in den letzten Jahrzehnten schwer aus der Mode
gekommen. Ob KBW, KB, KPD/AO oder KPD/ML - sie sind alle
längst Geschichte. Doch eine jener zahllosen
marxistisch-leninistischen Parteien, die sich in der Nachfolge von 68
zur "Vorhutorganisation der Arbeiterklasse" aufschwangen, hat die
Widrigkeiten der bundesdeutschen Realität über die
Jahrzehnte hinweg scheinbar schadlos überstanden. Eine? Nein:
DIE Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands.
Ihr Zentrum hat die MLPD im Herzen des Ruhrgebiets. Und hier, in
Gelsenkirchen, sind die bundesweit rund 2.300
Berufsrevolutionäre gerade dabei, den Kapitalismus mit seinen
eigenen Mitteln zu schlagen. Immer noch ist das "grundlegende Ziel" der
MLPD unverdrossen der "revolutionäre Sturz der Diktatur des
Monopolkapitals und die Errichtung der Diktatur des Proletariats". Doch
während sich früher manch Hitzkopf wilde
Straßenschlachten mit der Polizei lieferte, gehen die
ML-Strategen von heute andere Wege, um die Büttel des Kapitals
in die Flucht zu schlagen: Sie kaufen einfach das Haus, in dem sich die
Polizeiwache befindet.
Alles nur ein Scherz? Mitnichten. Ab dem 1. Oktober wird die MLPD
über ihren Vermögensverwaltungsverein Besitzerin des
Gebäudes in der Scharnhoststraße 1. In dem residiert
die Polizeiwache Gelsenkirchen-Horst. Der Kaufvertrag ist bereits
unterschrieben.
Konrad Kordts nimmt's mit einem Achselzucken: "Wir haben eben freie
Markwirtschaft", sagt der Sprecher der Gelsenkirchener Polizei
lakonisch. "Wir müssen uns mit den Gegebenheiten abfinden."
Das bedeutet: Die Polizei muss jetzt auf die Suche nach einem neuen
Unterschlupf gehen. "Wir können nicht Mieter einer Partei
sein, die vom Verfassungsschutz überwacht wird", so Kordts. Er
gibt sich optimistisch: "Wir werden schon ein anderes Objekt hier in
Horst finden." Schließlich könne die MLPD ja nicht
den ganzen Stadtteil aufkaufen. Allerdings wird es langsam durchaus
eng. Denn schon jetzt gehört der Partei unter anderem das
direkt neben der Wache liegende frühere
Sparkassengebäude.
Für den geplanten Auszug der Polizei hat der MLPD-Vorsitzende
Stefan Engel kein Verständnis. "Für die Polizeiwache
würde sich nichts ändern, außer der
Kontonummer, an die die Miete überwiesen werden muss."
Schließlich existiere die Wache schon lange "in guter
Nachbarschaft".
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