Der Bau der neuen Kölner
Messehallen hätte europaweit ausgeschrieben werden
müssen, befindet die EU-Kommission. Nun droht der
Bundesrepublik eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.
Im
Bauskandal um die neuen Kölner Messehallen droht die
Europäische Kommission der Bundesrepublik jetzt mit einer
Klage. Das Projekt hätte bundesweit ausgeschrieben werden
müssen, entschieden gestern die Brüsseler Kommissare.
Sie verschärfen deshalb nun ihr Verfahren gegen Deutschland
wegen Verstoßes gegen die EU-Verträge. Der private
Investmentfonds Oppenheim-Esch hatte den Zuschlag für den Bau
vor drei Jahren ohne jede öffentliche Ausschreibung erhalten.
Sollte der Fall vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH)
kommen, drohen Deutschland Strafzahlungen in dreistelliger
Millionenhöhe.
Es geht es um die rechtliche Beurteilung eines komplizierten
Dreiecksgeschäftes: Ende 2003 kaufte Oppenheim-Esch
für rund 70 Millionen Euro von der Stadt Köln ein
170.000 Quadratmeter großes Grundstück, um darauf
die neuen Messehallen zu erreichten. Die Hallen mietete die Stadt
für einen festen Zeitraum von 30 Jahren für insgesamt
über 600 Millionen Euro von dem Investor und vermietete sie
dann an die Messegesellschaft unter. Dreh- und Angelpunkt ist nun die
Frage, ob der Bau der im Januar dieses Jahres fertig gestellten vier
Nordhallen der Kölner Messe ein öffentliches Projekt
im Sinne des europäischen Vergaberechts war.
Die Kölner Stadtspitze um Oberbürgermeister Fritz
Schramma (CDU) verneint dies, "weil seitens der Stadt kein Bauauftrag
erteilt, sondern lediglich einen Mietvertrag abgeschlossen" worden sei.
Deshalb habe auch keine europaweite Ausschreibung erfolgen
müssen. Die Bezirksregierung Köln und auch das
Bundeswirtschaftsministerium stützten diese Auffassung. Im
Widerspruch zum Bund der Steuerzahler ebenso wie zu etlichen auf
Vergaberecht spezialisierten Juristen, deren Rechtsverständnis
sich nun die EU-Wettbewerbshüter anschlossen: "Nach Ansicht
der Kommission handelt es sich um einen öffentlichen
Bauauftrag", beschlossen sie auf ihrer gestrigen Sitzung.
Kann die Bundesregierung in den kommenden zwei Monaten die in der
"begründeten Stellungnahme" der EU-Kommission enthaltenen
rechtlichen Argumente nicht entkräften, wird es zum Prozess
vor dem EuGH kommen. Dann drohen saftige Strafzahlungen. Auch
müsste das Geschäft eventuell
rückabgewickelt werden, wodurch hohe Schadenersatzforderungen
entstehen könnten.
Doch soweit will die Stadt Köln noch nicht denken. Es sei "zum
jetzigen Zeitpunkt viel zu früh, über
mögliche Konsequenzen zu spekulieren", sagte der von ihr mit
der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragte Vergaberechtler Stefan
Hertwig. Auch Oberbürgermeister Schramma zeigte sich
unbeeindruckt: "Unabhängig" von der rechtlichen Bewertung
unterstreiche er, "dass mit der Entscheidung zum Bau der neuen
Messehallen ein zukunftsweisendes Ergebnis für den Medien- und
Messestandort Köln erzielt worden ist", ließ er sein
Presseamt verkünden.
Weniger lapidar reagierte hingegen die Kölner
Staatsanwaltschaft auf den EU-Beschluss. "Wir werden die
Gründe der Entscheidung sorgfältig prüfen",
sagte deren Sprecher Günther Feld der taz. Seit dem
vergangenen Jahr ermittelt die Justiz bereits gegen Schramma wegen des
Verdachts der Untreue. Untersucht wird, ob "trotz vorliegender
günstigerer Angebote wirtschaftlich nicht vertretbare
Zahlungsverpflichtungen zum Nachteil der Stadt Köln
eingegangen worden sind".
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