Nach
brutalem Mord in der JVA Siegburg räumt CDU-Landesjustizministerin
Müller-Piepenkötter Untätigkeit ihrer Beamten ein.
Opposition fordert im Rechtsausschuss des Landtags erneut
Rücktritt.
CDU-Landesjustizministerin
Roswitha Müller-Piepenkötter wusste bereits seit über
einem Jahr von Gewalttaten in Nordrhein-Westfalens Gefängnissen.
"Ich habe direkt nach Amtsantritt von solchen Vorfällen
gehört", musste Müller-Piepenkötter gestern bei einer
Sondersitzung des Rechtsausschusses des Düsseldorfer Landtags
einräumen. Dennoch gebe es weder in NRW noch in anderen
Bundesländern "ein Handlungskonzept, dass sich bewährt hat".
Sie habe bei ihren Mitarbeitern zwar Strategien angemahnt, die
verhindern sollten, dass Häftlinge Mitgefangene misshandeln. Die
Beamten aber hätten keinen Rat gewusst: "Eine klare Antwort gab es
nicht."
Die SPD-Landtagsfraktion wollte mit der Sondersitzung, die bei
Redaktionsschluss noch andauerte, ihre Rücktrittsforderung
gegenüber Müller-Piepenkötter untermauern. Hintergrund
ist der Mord an einem Jugendlichen in der Justizvollzugsanstalt (JVA)
Siegburg. Der 20-Jährige aus Leverkusen war von drei
Mitgefangenen, mit denen er seine Zelle teilen musste, vor knapp zwei
Wochen über zwölf Stunden brutal gefoltert, vergewaltigt und
anschließend erhängt worden. Das alarmierte
Gefängnispersonal war nicht eingeschritten: Wärter glaubten,
der Bewusstlose schlafe.
Dabei war es in der JVA Siegburg immer wieder zu Misshandlungen von
Häftlingen gekommen. Vor dem Rechtsausschuss musste
Müller-Piepenkötter sechs Fälle allein in den Jahren
2004 bis 2006 einräumen. Über 50 Mal habe es Beschwerden
über die Gefängnisleitung gegeben.
Besonders unter Druck gerät Müller-Piepenkötter wegen
eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts: Das hatte im Sommer
entschieden, jugendliche Straftäter müssten während der
Haft besonders geschützt werden. Geklagt hatte ausgerechnet ein in
der JVA Siegburg einsitzender Häftling. Die Ministerin hatte
daraufhin getönt, die "Praxis des Jugendstrafvollzugs" werde "in
Nordrhein-Westfalen schon heute den Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts gerecht." SPD-Fraktionsvize Ralf Jäger
kritisierte, Müller-Piepenkötter habe nur die Illusion von
Sicherheit erzeugt: "Wenn man wegen eines solchen Falles nicht
zurücktritt, braucht nie wieder ein Politiker zurücktreten"
so Jäger zur taz. Auch der Grüne Johannes Remmel forderte den
Rücktritt Müller-Piepenkötters: Sie sei "dem Amt nicht
gewachsen".
Die unsicher wirkende Ministerin verwies daraufhin auf ein erstes
Maßnahmenpaket, das Situation in den NRW-Gefängnissen
entspannen soll. Dazu gehört, das Gefängnispersonal um
insgesamt 330 Stellen aufzustocken. Nachdem
Müller-Piepenkötter bereits alle Dreier- und Vierer-Zellen
hat abschaffen lassen, sollen in diesem und dem kommenden Jahr 890 neue
Haftplätze geschaffen werden. Von der taz angesprochen, lehnte sie
einen Rücktritt aber mit einem knappen "Nein" ab.
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