09.11.2007

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NRZ

*   Haftstrafe für Kölner Geldfälscher
Von Pascal Beucker 

Ein Künstler auf Abwegen: 65-jähriger Kölner fälschte im ganz großen Stil US-Dollar. Sechs Jahre Haft.

Hans-Jürgen KuhlMan kennt ihn in Köln als den "kölschen Warhol": Grell-poppige Siebdruck-Grafiken vom Dom - das sind eigentlich Hans-Jürgen Kuhls Markenzeichen. Der 65-Jährige versteht was vom Drucken, kein Zweifel. Auch Karl-Heinz Schumacher lässt seiner Anerkennung freien Lauf. Der Vorsitzende Richter der 1. Strafkammer des Landgerichts Köln nennt Kuhl einen "außerordentlichen Grafiker". Und die Staatsanwaltschaft bescheinigt dem Angeklagten, dass dessen "Werk" von "außerordentlicher Qualität" gewesen sei. Toll gemacht also, aber: verboten, streng verboten.

So kassiert Kuhl gestern sechs Jahre Haft - und hat damit wohl noch Glück gehabt. In seinem Atelier hatte der Kölner Künstler, früher lange Jahre auch als Modemacher tätig, im ganz großen Stil Falschgeld gedruckt. 16,5 Millionen gefälschte Dollar - die waren sein "Werk". Der größte Falschgeldfund in der deutschen Kriminalgeschichte, weltweit nur ein einziges Mal in den USA übertroffen. Kuhl sieht traurig aus nach der Verhandlung gestern.

Schon einmal als Fälscher verurteilt

Sie ist nach nur einem Prozesstag beendet, atemberaubend fix für so einen spektakulären Fall. Kuhl hat mit einem umfassenden Geständnis reinen Tisch gemacht. Eine "massive finanzielle Schieflage" gab der gelernte Foto-Film-Kaufmann vor Gericht als Motiv für die Umwandlung seiner Kunst- in eine Fälscherwerkstatt an.

Gegen mehrere Personen wird zurzeit noch ermittelt. Der mutmaßliche Anstifter, ein Kosovo-Albaner, befindet sich weiter auf der Flucht. Kuhl versicherte gestern, er habe sich durchaus "etwas geschmeichelt" gefühlt, dass man ihm seinerzeit die Herstellung der Blüten zugetraut habe. Ja, möglicherweise habe "auch etwas künstlerischer Ehrgeiz" eine Rolle gespielt. Und tatsächlich hatte der Kölner auch schon einige Erfahrung in dem Metier. Bereits Ende der 1990er Jahre hatte Kuhl sich in der Herstellung von Blüten geübt. 4,5 Millionen Dollar produzierte er damals - und wurde erwischt, weil er und seine damaligen Komplizen auf einen V-Mann reingefallen waren. Das Urteil damals: anderthalb Jahre auf Bewährung.

Diesmal wurden ihm, der ursprünglich einmal Kameramann werden wollte, bereits entsorgte Fehldrucke zum Verhängnis. Die missratenen Scheine wanderten - geschreddert - auf eine Kölner Mülldeponie. Dumm nur, dass dort ein Baggerfahrer aus einem Sack Falsch-Dollar-Fetzen rieseln sah und die Polizei alarmierte. Die fand noch mehr solcher Säcke - und in einem zudem auch noch einen Papierstreifen mit der Adresse Kuhls. "Das fällt wohl unter die Kategorie 'dummgelaufen'", kommentierte Richter Schumacher süffisant das "Missgeschick".

Nach dem Fund nahm die Kölner Staatsanwaltschaft die Ermittlungen auf, ließ Kuhl und andere Verdächtige überwachen. Schließlich setzte das Bundeskriminalamt eine verdeckte Ermittlerin auf den Fälschungsvirtuosen an, die vorgab 6,5 Millionen gefälschte Dollar von ihm kaufen zu wollen. Als am 22. Mai dieses Jahres die Übergabe stattfinden sollte, griffen Spezialkräfte der Polizei zu und erwischten Kuhl auf frischer Tat. Seitdem saß er in Untersuchungshaft.

Die hohe Qualität der Dollarblüten liess seinerzeit sogar die eigens herbeigerufenen Gutachter des amerikanischen Geheimdienstes staunen. "Insofern muss man Ihnen schon ein Kompliment machen", räumte gestern Oberstaatsanwalt Egbert Bülles in seinem Plädoyer ein.

"Sie sind doch ein intelligenter Mann"

Allerdings, so Bülles weiter, sei es eine Schande, was Kuhl "bei Ihren Kenntnissen und Fähigkeiten" aus seinem Leben in den vergangenen zehn Jahren gemacht habe. "Sie sind doch ein intelligenter Mann", hielt der Oberstaatsanwalt ihm vor - und bekommt ein müdes Kopfschütteln von Kuhl als Antwort: "Säße ich dann hier?"

Mit sechs Jahren Haft sei das Urteil sei "an der unteren Grenze des Vertretbaren", stellte Richter Schumacher fest. Neben dem abgelegten Geständnis wertete das Gericht insbesondere das hohe Alter und den schlechten Gesundheitszustand Kuhls als strafmildernd. Ein 69-jähriger Mitbeschuldigter erhielt wegen Beihilfe eine Strafe von drei Jahren Gefängnis. Beide sollen nach dem Willen des Gerichts die Haft im offenen Vollzug verbringen.


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