02.03.2007

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taz

*   Der Riese schrumpft
Von Pascal Beucker 

Der ehemalige Staatsbetrieb lahmt. Deshalb will er bis zu 50.000 Beschäftigte in eine neue Tochtergesellschaft ausgliedern: zu niedrigeren Löhnen und längeren Arbeitszeiten als bisher. Die Arbeitnehmer sind wütend, haben aber wenig Chancen, den Plan zu kippen.

René Obermann gab sich alle Mühe, nicht wie ein eiskalter Manager zu wirken. Auf der gestrigen Bilanzpressekonferenz der Telekom in Bonn betonte der Vorstandschef gleich zweimal, dass er großes Verständnis habe für die Verunsicherung seiner Mitarbeiter. Aber leider ließe es sich eben nicht ändern: "Wir haben keine Alternative, wir müssen reformieren, um langfristig wettbewerbsfähig zu sein." Deshalb müsse es zu einem Abbau "von Bequemlichkeiten und Besitzständen" kommen. Was das heißt, werden nach den Plänen Obermanns schon ab Sommer um die 50.000 Beschäftigte der Festnetzsparte T-Com bitter zu spüren bekommen: Sie sollen in eine neue Service-Gesellschaft ausgegliedert werden - um dort deutlich länger zu arbeiten für deutlich weniger Geld.

Von der Gründung der Unternehmenstochter T-Service, in der etwa der technische Kundendienst und die Callcenter gebündelt werden sollen, verspricht sich Obermann Einsparungen von rund 900 Millionen Euro. Erzielt werden sollen sie zum einen durch "eine sozialverträgliche Anpassung des Entgelts in Richtung Marktniveau", wie es in schöner Konzernprosa heißt. So seien bei der Konkurrenz die Einkommen im Servicebereich um 30 bis 50 Prozent niedriger als bei dem früheren Monopolisten. Gleichwohl versicherte Obermann, dass es "für keinen Mitarbeiter zu drastischen Einschnitten kommen" werde. So sei die Telekom auch "weit weg von Mindestlohndebatten".

Zum anderen soll die wöchentliche Arbeitszeit von derzeit 34 auf mindestens 38 Stunden erhöht werden. "Langfristige Stoßrichtung" seien 40 Stunden, so Obermann, der am Mittwochabend gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter vom Aufsichtsrat grünes Licht für seine Pläne erhalten hatte. Zuvor hatten etwa 13.000 Telekom-Mitarbeiter vor der Bonner Konzernzentrale gegen die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen demonstriert. Ver.di hat bereits mit Streik gedroht. "Wir stehen wahrscheinlich am Anfang einer langen Auseinandersetzung", kündigte Bundesvorstand Lothar Schröder an.

Allerdings hat die Konzernführung ein gewichtiges Druckmittel: Eine Beschäftigungsgarantie über den bislang vereinbarten Kündigungsschutz bis Ende 2008 hinaus könne er nicht geben, sagte Obermann.

Alleine 2006 hat die Telekom über zwei Millionen Festnetzkunden verloren. Ziel für dieses Jahr könne nicht mehr sein als eine Stabilisierung der Verluste, eine Verringerung sei erst später realistisch, so der Konzernchef. Wegen der schlechten Entwicklung des Deutschlandgeschäfts sank der Nettogewinn 2006 von 5,6 Milliarden Euro auf 3,2 Milliarden Euro. Der Umsatz im Inland sank um 5,0 Prozent auf 32,5 Milliarden Euro. Im Ausland dagegen verzeichnete der Konzern einen Umsatzzuwachs von 13,6 Prozent auf 28,9 Milliarden Euro.


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