03.05.2007

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taz

*   Grüner Punkt befürchtet Kollaps
Von Pascal Beucker 

Trittbrettfahrer bedrohen die haushaltsnahe Sammlung von Verpackungsabfällen.

Den dualen Systemen droht der Kollaps, warnt das Recyclingunternehmen Der Grüne Punkt - Duales System Deutschland (DSD) GmbH. "Das Verhältnis zwischen Entsorgungsleistung und Einnahmen befindet sich in einer gravierenden Schieflage", sagte DSD-Chef Stefan Schreiter gestern in Köln. Verantwortlich dafür sei die wachsende Zahl von Trittbrettfahrern und vermeintlichen Selbstentsorgern. Die Novelle der Verpackungsverordnung müsse deshalb zügig verabschiedet werden.

Das Gesetz verpflichtet alle Unternehmen, gebrauchte Verpackungen zurückzunehmen und zu verwerten. Nach den bisherigen Planungen wird die Novelle, mit der die Rücknahme neu festgelegt werden soll, Anfang Juni im Bundeskabinett behandelt und noch vor der Sommerpause im Bundestag verabschiedet. Der Entwurf des Bundesumweltministeriums sieht vor, dass sich alle Hersteller von Verpackungen, die beim Endverbraucher landen, an einem "haushaltsnahen Rücknahmesystem" beteiligen müssen. Die Entsorgung direkt im Geschäft, die einige Drogerieketten derzeit anbieten, wäre dann nicht mehr zulässig. Um zu verhindern, dass Unternehmen falsche Angaben über die Menge der von ihnen vertriebenen Verpackungen machen, sollen sie zudem verpflichtet werden, von Wirtschaftsprüfern testierte Vollständigkeitserklärungen abzugeben.

Bundesweit gibt es seit 2006 drei duale Systeme. Marktführer mit einem Anteil von knapp über 70 Prozent im vergangenen Jahr ist der frühere Monopolist DSD. 5,24 Millionen Tonnen Verpackungen sammelte laut Schreiter das Unternehmen 2006 ein. Lizenzgebühren hatte es jedoch nur für 3,57 Millionen Tonnen kassiert, 12,2 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. "Trittbrettfahrer, Selbstentsorger und Vermittler sorgen dafür, dass die Marktbasis für alle dualen Systeme in immer kürzerer Zeit geschmälert wird", sagte Schreiter. Falls sich dieser Trend fortsetze, könne das dazu führen, dass die Entsorgungskosten die Lizenzeinnahmen schon Ende dieses Jahres überschreiten.

Wie wichtig Recycling im Rahmen der Klimapolitik ist, unterstrich der DSD-Mann mit einer Beispielrechnung: Die Menge an Treibhausgasen, deren Ausstoß durch die Abfalltrennung vermieden worden sei, entspreche derjenigen des Hin- und Rückflugs von fast 3,6 Millionen Passagieren vom Flughafen Köln/Bonn nach Teneriffa. Schreiter: "Auch diese Effekte sind ohne eine schnelle Verpackungsnovelle gefährdet."


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