30.05.2007

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*   BenQ-Personal soll für Pleite zahlen
Von Pascal Beucker 

Der Insolvenzverwalter des bankrotten Handyherstellers BenQ fordert von ehemaligen Mitarbeitern Geld zurück. Sie sollen bis zu einem vollen Jahresgehalt erstatten. Sonderzahlungen seien unrechtmäßig erfolgt. Insgesamt 1,2 Milliarden Euro Schulden.

Sie schienen gerade noch einmal Glück im Unglück gehabt zu haben. Auf dem Weg in die Erwerbslosigkeit durften sich einige BenQ-MitarbeiterInnen Ende September vergangenen Jahres ein letztes Mal über Sonderzahlungen ihres Noch-Arbeitgebers freuen. Doch die Zahlungen nur zwei Tage vor dem Insolvenzantrag erfolgten offenbar zu Unrecht. Jetzt fordert der Insolvenzverwalter Martin Prager das Geld zurück. Wie Pragers Sprecherin Regine Petzsch bestätigte, sind bis zu 171 frühere BenQ-Beschäftigte betroffen.

Besonders schmerzhaft trifft es 22 VertriebsmitarbeiterInnen. Da die an sie ausgezahlten Jahresboni und Leistungsprämien verfrüht erfolgten, werden sie nach Angaben der Sprecherin "definitiv" zur Kasse gebeten werden müssen. "Das ist wirklich bitter, die Betroffenen waren nicht Teil der Führungsmannschaft", so Petzsch. Ihnen sei "im guten Glauben ein Gefallen getan worden, der sich leider als Bärendienst herausstellt". Bis zu 65.000 Euro müssen sie zurückzahlen. Bei den meisten entspricht das in etwa einem vollen Jahresgehalt.

"Diese Rückforderungen gehören zu den unangenehmen Aufgaben der Insolvenzverwaltung, aber wir haben keine andere Wahl", sagte Petzsch der taz. Wenn der Insolvenzverwalter unrechtmäßig erfolgte Zahlungen nicht anfechte, verstoße er seinerseits gegen die Insolvenzordnung und mache sich schadenersatzpflichtig. Der Insolvenzverwalter sei gesetzlich verpflichtet, Zahlungen zurückzufordern, die entweder vor ihrer Fälligkeit oder in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bis zu drei Monate vor der Insolvenzanmeldung erfolgten.

Die BenQ-MitarbeiterInnen sind davon ganz unterschiedlich betroffen. So erhielten 116 MitarbeiterInnen, mit denen noch im August und September 2006 Aufhebungsverträge und entsprechende Abfindungen vereinbart worden waren, überhaupt kein Geld. Auf der anderen Seite freuten sich weitere 149 Beschäftigte kurz vor Toresschluss über Sonderzahlungen. Anders als bei den VertriebsmitarbeiterInnen handelt es sich bei ihnen überwiegend um einst gut verdienende Exführungskräfte mit einem Jahresgehalt von bis zu 250.000 Euro. Sie hatten 2005 beim Verkauf der Siemens-Handysparte an BenQ Bleibeprämien zwischen 18.000 und in Einzelfällen sogar bis zu 200.000 Euro vereinbart. Die Insolvenzverwaltung geht davon aus, dass sie die Zahlungen "in Kenntnis der extrem angespannten wirtschaftlichen Lage und Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens erhielten". Gleichwohl ist derzeit noch unklar, ob auch sie das Geld werden zurückgeben müssen. Der Insolvenzverwalter geht davon aus, dass einige Betroffene gegen die Forderungen klagen werden.

Bisher fordern insgesamt über 4.350 Gläubiger etwa 1,2 Milliarden Euro von dem insolventen Unternehmen: Lieferanten, Kunden und Werbepartnern wie der brasilianische Fußballstar Ronaldo - sowie nicht zuletzt die ehemaligen MitarbeiterInnen. Sie wollen insgesamt 27 Millionen Euro für Gehältern, Renten und andere Zahlungen haben. Durch die BenQ-Pleite verloren rund 3.100 Beschäftigte ihren Job. Während von den 1.300 Betroffenen am Standort München inzwischen etwa zwei Drittel wieder Arbeit gefunden haben sollen, sind es in den nordrhein-westfälischen Standorten Kamp-Lintfort und Bocholt nur rund ein Drittel.


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