18.08.2007

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taz

*   Phantom gesucht
Von Pascal Beucker 

Duisburger Polizei erstellt Fahndungsbild von einem der Mafia-Killer. Von den Tätern fehlt bislang jede Spur.

Schlanke Gestalt, 1,80 bis 1,85 Meter groß, schwarze kürzere Haare, die Koteletten ziemlich lang und außerdem noch ein dunkler Leberfleck unterhalb des rechten Auges: So soll einer der Täter aussehen, die am frühen Mittwochmorgen in Duisburg sechs Menschen ermordet haben. Die Mordkommission hat ein Phantombild des Mannes angefertigt, der mutmaßlich den Fluchtwagen fuhr. Doch eine heiße Spur hat sie von den Killern deswegen noch nicht. Zwar seien inzwischen verschiedene Hinweise eingegangen, die Identität der Todesschützen aber sei weiterhin unbekannt, sagte ein Polizeisprecher.

Inzwischen geht auch die Polizei in der Ruhrgebietsstadt von einer Mafiatat aus. Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen sei das wahrscheinlichste Motiv "eine wieder aufgeflammte Fehde zwischen verfeindeten Familienverbänden aus der kalabresischen Region San Luca", erklärte ein Sprecher. Angehörige der Clans, die dem Mafia-Syndikat 'Ndràngheta zugerechnet werden, lebten seit vielen Jahren im Großraum Duisburg. Bislang seien gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen ihnen aber nicht bekannt geworden. Bei dem Massaker vor dem unweit des Duisburger Hauptbahnhofs gelegenen Restaurant "Da Bruno" starben sechs italienische Staatsbürger im Alter zwischen 16 und 39 Jahren.

Die Duisburger Fahnder rechnen zwei der Ermordeten einer der beiden Mafiafamilien zu. Über die vier anderen Opfer könne hingegen noch keine sichere Aussage gemacht werden. Nicht bestätigen wollten sie die Angaben des italienischen Innenministers Giuliano Amato, nach denen einer der Getöteten zuvor an einem Mordanschlag in San Luca beteiligt gewesen sein soll.

Amato hatte ohne Namensnennung berichtet, die italienische Justiz sei dem betreffenden Mann bereits auf der Spur gewesen. Doch "diejenigen, die Rache üben wollten, erreichten ihn eher". Laut italienischen Medienberichten handelt es sich dabei um den 25-jährigen Marco M. Telefonabhörungen hätten ergeben, dass er unter anderem auf der Suche nach Maschinenpistolen war, die in der Blutfehde zum Einsatz kommen sollten.

Bislang hatten die Clans ihre Fehde ausschließlich in Italien ausgetragen. "Anhaltspunkte für eine Änderung dieser Vorgehensweise haben im Vorfeld zu keiner Zeit bestanden", so der Polizeisprecher. Vielmehr habe die 'Ndràngheta die Bundesrepublik als "Ruhe- und Schonraum" genutzt, um Angehörige aus dem Fokus italienischer Strafverfolgungsorgane zu halten. Der kalabrische Arm der Mafia soll aus etwa 220 Familienverbänden mit rund 8.000 Mitgliedern bestehen. Die mächtigsten Clans kommen aus San Luca. Auch fünf der sechs Opfer von Duisburg stammten aus der 4.000-Seelen-Gemeinde.


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