29.11.2007

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taz

*   Unicef hilft Sammlern aus der Not
Von Pascal Beucker

Beim Deutschen Komitee des Kinderhilfswerks in Köln herrscht Krisenstimmung: Unicef werden zweifelhafte Verträge mit externen Spendensammlern vorgeworfen. Ehemaligen Mitarbeitern sollen komfortable Honorare gezahlt worden sein.

Der Zeitpunkt hätte für Unicef kaum ungünstiger sein können. Ausgerechnet in der für Spendenorganisationen so wichtigen Vorweihnachtszeit sieht sich das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen mit schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert. Bei dessen in Köln ansässigen Deutschen Komitee soll es über Jahre hinweg zu finanziellen Unregelmäßigkeiten gekommen sein. Unsummen sollen für zweifelhafte Beraterverträge und eigenmächtig veranlasste Bauarbeiten ausgegeben worden sein.

Es herrscht Krisenstimmung in der Unicef-Zentrale am Höninger Weg. Im Zentrum der Kritik steht der langjährige Geschäftsführer Dietrich Garlichs. Er soll laut Frankfurter Rundschau verantwortlich dafür sein, dass einem pensionierten früheren Mitarbeiter für freiberufliche Spendenwerbung Tagessätze von 700 bis 850 Euro bewilligt worden seien. Von August 2005 bis Mai 2007 soll dies dem Rentner Zusatzeinnahmen von rund 260.000 Euro gebracht haben. Auch beim millionenschweren Umbau der Kölner Geschäftsstelle habe Garlichs nicht auf die Dienste dieses nach seinen Worten "hervorragenden Mannes" verzichten wollen. So soll er seit Juni weitere 20.000 Euro kassiert haben. Einer anderen Spendensammel-Honorarkraft seien zwölf Prozent der eingeworbenen Summe zugesagt worden, wodurch sie über 190.000 Euro verdient haben soll.

Auf Nachfrage der Rundschau hatte Geschäftsführer Garlichs noch sämtliche Vorwürfe als "völligen Unsinn" zurückgewiesen. Doch das waren sie wohl keineswegs. In einer am Mittwochnachmittag veröffentlichten Stellungnahme von Unicef heißt es inzwischen nur noch kleinlaut, die vorgebrachten Kritikpunkte bedürften "der richtigen Einordnung". So habe der geschäftsführende Vorstand des Kinderhilfswerks im Juni und im August alle Behauptungen des anonymen Schreibens, auf das sich die Zeitung beruft, "im Detail überprüft". Dem Vorstand hätten "umfangreiche Informationen und Unterlagen zu den angesprochenen Punkten" vorgelegen.

Ohne auf die gezahlten Summen einzugehen, bestätigt Unicef allerdings, dass die Geschäftsleitung "von 2005 bis 2007 einen erfahrenen Mitarbeiter, der gerade in Ruhestand ging, mit verschiedenen Aufgaben betraut" hat. Dies gehöre zu ihren Kompetenzen. Um zusätzliche Projekte zu realisieren, arbeite das Kinderhilfswerk außerdem "gelegentlich" mit externen Agenturen und freien Mitarbeitern zusammen. Die vereinbarten Honorarsätze lägen "in der Regel unter den Marktpreisen".

Seit Jahrzehnten habe Unicef geringe Verwaltungskosten. Diese lägen bei Spenden immer unter 10 Prozent. Eine unabhängige Prüfungsgesellschaft prüfe jährlich die Finanzen und habe "regelmäßig die Jahresabschlüsse mit dem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen", heißt es in der Erklärung, die nach Angaben einer Sprecherin auch mit der ehrenamtlichen Unicef-Vorsitzenden Heide Simonis abgestimmt wurde.

Das Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen, das ein Spendenprüfsiegel vergibt, kündigte an, Unicef einen Fragenkatalog zu den Honoraren zu schicken.


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