16.03.2007

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*   KOMMENTAR: Falsches Zeichen
Von Pascal Beucker

Die vergangenen waren gute Tage: kein Schnee und kein Regen, es gab keinen stärkeren Wind und Blätter fielen ebenso wenig auf die Schienen. All jene gänzlich unvorhersehbaren Widrigkeiten also, die die Bahn immer wieder völlig unvorbereitet treffen und ins Chaos stürzen, blieben aus. Entsprechend konnten die Bahnnutzer an Rhein und Ruhr aufatmen: Die Zugverspätungen bewegten sich nur im üblichen Rahmen. Was wollen wir mehr? Wir sind ja genügsam geworden. Zumindest scheint dies der Vorstand der Deutschen Bahn AG zu glauben. Falls sich die sieben Herren und die eine Dame überhaupt für die Befindlichkeiten von Bahnnutzern interessieren. Sie selbst nehmen bekanntlich lieber das Flugzeug oder den Dienstwagen und fahren entsprechend jenseits von Public Relations-Terminen selten mit dem Zug.

Eine böse Unterstellung? Mitnichten. Wären die Bahnmanager darauf angewiesen, regelmäßig ihr eigenes Angebot in Anspruch zu nehmen, dann hätte sich wohl manch Kundenärger schnell erledigt. Zahlreiche Bahnhöfe geben ein bemitleidenswertes Bild ab. Dass in den zurückliegenden Jahren das Schienennetz schlecht gewartet und zu stark ausgedünnt worden ist, ist ebenfalls unübersehbar. Nur wer nicht tagtäglich auf zugigen Bahnhöfen darauf warten muss, sich in verspätete, überfüllte und veraltete Waggons zu zwängen, kann so standhaft ignorieren, in welch maroden Zustand sich inzwischen die Bahninfrastruktur befindet.

Doch der Blick der Bahnverantwortlichen bleibt leider weiter nur fest auf den angestrebten Börsengang gerichtet. Dabei mögen die Bilanzen zwar mittlerweile börsenreif, die Bahn für potentielle Investoren durchaus attraktiv sein, für potentielle Bahnbenutzer wird sie jedoch zunehmend unattraktiver. Die Bahn darf nicht länger ein falsches Zeichen setzen: Sie muss endlich mehr in den Erhalt und den Ausbau ihres Netzes investieren - und nicht weniger.


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