22.03.2007

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*   Die Rechte holt aus
Von Pascal Beucker
Der NRW-Verfassungsschutz beobachtet eine neue Strategie der Rechtsextremen: NPD und "Bürgerbewegung Pro Köln" versuchen über die Kommunen in den Landtag zu kommen.

Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz warnt vor verstärkten Aktivitäten der NPD und der "Bürgerbewegung pro Köln". Bei beiden rechtsextremen Organisationen sei "eine Tendenz zur Kommunalisierung" zu verzeichnen, sagte Landesinnenminister Ingo Wolf (FDP) gestern bei der Vorstellung des NRW-Verfassungsschutzberichtes 2006. So beobachte die Behörde entsprechende Vorbereitungen auf die Kommunalwahl 2009. Dahinter verberge sich die Strategie, "durch Kommunalarbeit ein Sprungbrett für den Einzug in den Landtags zu schaffen".

Der NRW-Verfassungsschutzchef Hartwig Möller sprach von einem "Graswurzelprinzip", mit dem die Rechten versuchten, sich in der Gesellschaft "von unten nach oben" zu arbeiten. So bemühe sich die NPD, in allen Kreisen des Landes Kreisverbände zu stellen. Auch die selbsternannte "Bürgerbewegung" arbeite derzeit daran, als "pro NRW" jenseits der Domstadt Fuß zu fassen. Entsprechende "Bürgerinitiativen" seien unter anderem in Leverkusen und Gelsenkirchen initiiert worden (taz berichtete). "Durchaus möglich, dass sie bei der nächsten Landtagswahl antreten", sagte Möller mit Blick auf die "pro-Bewegung". Keine nennenswerte Rolle mehr spielten hingegen die "Republikaner". Die Partei verliere "zunehmend an Bedeutung". Die radikaleren Kräfte, denen die REPs "zu schlapp" geworden seien, seien zur NPD und zur "pro-Bewegung" abgewandert. Auch die DVU sei in NRW nicht relevant.

Besorgt zeigte sich Wolf über die Zunahme politisch motivierter Straftaten um 16 Prozent. Insgesamt wurden in NRW über 4.000 politische Straftaten gemeldet, davon seien 2.990 dem Rechtsextremismus zuzuordnen - eine Steigerung um 17,5 Prozent gegenüber 2005. Größtenteils handele es sich dabei um Propaganda- und Volksverhetzungsdelikte. Hakenkreuzschmierereien und das Zeigen des Hitler-Grußes seien "keine Lappalie", so Wolf. "Wer den Holocaust leugnet, dem drohen zu Recht empfindliche Strafen."

Knapp 600 Taten (plus 59 Prozent) seien dem Linksextremismus zuzurechnen. Bei der politisch motivierten Gewaltkriminalität sei ein Anstieg von 9,2 Prozent zu verzeichnen gewesen, der fast nur bei den Körperverletzungen liege. So sei es zu 84 Körperverletzungen im Linksextremismus gekommen, meistens im Zusammenhang mit Demos. Die 162 Körperverletzungen im Rechtsextremismus seien demgegenüber mehrheitlich fremdenfeindlich motiviert gewesen.

Im Streit um die Befugnis des Düsseldorfer Verfassungsschutzes zum Ausspähen von Computern erinnerte Wolf an die wachsende Bedeutung des Internets für Terroristen. Der Verfassungsschutz müsse der Planung schwerster Taten "mit modernsten Mitteln wehrhaft gegenüberstehen". Erneut warb der Minister für das von ihm verantwortete neue NRW-Verfassungsschutzgesetz, das dem Geheimdienst unter bestimmten Bedingungen das heimliche Ausspähen von Computern erlaubt, als "eines der modernsten Sicherheitsgesetze". Konkrete Anhaltspunkte für geplante terroristische Anschläge gebe es derzeit allerdings nicht, betonte Wolf. Es bestünde nur eine "abstrakte Gefahr".


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