13.12.2008

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NRZ

*   Keine Haft für "Koma-Schläger"
Von Pascal Beucker 

Landgericht Köln verhängt Bewährungsstrafe für 19-Jährigen. „Schädliche Neigungen”.

KÖLN. Zu einer Jugendhaftstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung hat das Landgericht Köln den als „Koma-Schläger“ bekannt gewordenen Erdinc S. verurteilt. Es revidierte damit gestern die umstrittene Entscheidung der Vorinstanz, die Festlegung einer Strafe aufzuschieben. Anders als das Amtsgericht kam das Landgericht zu der Überzeugung, dass „schädliche Neigungen“ bei dem 19-jährigen Jugendlichen vorlägen.

An Weiberfastnacht 2007 hatte Erdinc S. im Kölner Stadtteil Ostheim nach einem Streit den Erwerbslosen Waldemar W. geschlagen. Der frühere Ford-Arbeiter stürzte so unglücklich gegen die Scheibe einer Telefonzelle, dass er wochenlang im Koma lag. Die Ärzte attestierten ein „Schädelhirntrauma mit Gehirneinblutungen”. Seitdem ist er zu sechzig Prozent schwerbehindert.

Erdinc S. habe sich der schweren Körperverletzung schuldig gemacht, befand die Vorsitzende Richterin Ulrike Grave-Herkenrath. Die schweren Verletzungen seines Opfers habe er jedoch fahrlässig herbeigeführt, nicht mit Vorsatz. Daher blieb das Gericht deutlich unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafe von dreieinhalb Jahren Haft. Da der Angeklagte zur Tat minderjährig war, tagte das Gericht hinter verschlossenen Türen.

„Das Urteil ist nachvollziehbar”, kommentierte Nebenklageanwalt Bernd Neunzig. Jetzt steht die zivilrechtliche Auseinandersetzung an. 80 000 Euro Schmerzensgeld will Neunzig für seinen Mandanten erstreiten. Der Prozess ist für Februar angesetzt. Erdinc S. konnte den Gerichtssaal nicht als freier Mann verlassen: Er sitzt derzeit in Untersuchungshaft, wegen zweier weiterer Fälle schwerer Körperverletzung. Im Falle einer Verurteilung bleibt ihm das Gefängnis nicht mehr erspart.


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