31.01.2008

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taz

* Betriebsräte streiten über Nokia
Von Pascal Beucker 

Arbeitnehmervertreter uneins über Proteste. Standort Bochum mit Rekordgewinn.

Mit einem Eklat endete am Mittwoch ein Treffen europäischer Arbeitnehmervertreter von Nokia in Brüssel. Als Reaktion auf Rechtfertigungsversuche der Konzernpolitik durch die finnische Delegation brach der Bochumer Nokia-Betriebsrat empört die Gespräche ab. "Da waren wir persönlich beleidigt und tief enttäuscht", so die Betriebsratsvorsitzende Gisela Achenbach.

Eigentlich hätte auf dem vom Europäischen Metallgewerkschaftsbund organisierten Treffen über gemeinsame Protestaktionen gegen die Schließung des Bochumer Nokia-Werkes beraten werden sollen. Doch laut Achenbach hätten stattdessen die Vertreter aus Finnland um Verständnis dafür geworben, dass ein Standort geschlossen werden müsse. Nokia sei nun einmal ein globales Unternehmen. Für eine solche Haltung habe sie kein Verständnis. "Es ist eine schwierige Situation", bestätigte NRW-IG Metall-Sprecher Wolfgang Nettelstroth der taz. Trotzdem habe ein neuer Gesprächstermin vereinbart werden können. "Gemeinsam mit unseren europäischen Kollegen richten wir weiter alle unsere Bemühungen darauf, dass der Bochumer Standort erhalten bleibt."

Laut einem Bericht des Wirtschaftsmagazins Capital hat Nokia in seinem Bochumer Werk alleine im vergangenen Jahr einen Betriebsgewinn von 134 Millionen Euro verbucht. Insgesamt soll die deutsche Nokia GmbH mit ihren Standorten in Bochum, Ulm, Düsseldorf, München und Frankfurt am Main sogar ein Betriebsergebnis nach Zinsen von 246 Millionen Euro erwirtschaftet haben. Darüber hinaus habe der mit 88 Millionen Euro an staatlichen Subventionen geförderte Bochumer Standort "eine gewaltige Summe auf der hohen Kante". So hätten die gebildeten Rücklagen der Nokia GmbH zusätzlich einen Zinsgewinn von 70 Millionen Euro eingebracht.

Vor diesem Hintergrund warf Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer dem Handyhersteller eine "obszöne Gier" vor. "Wer pro Beschäftigten 90.000 Euro Gewinn macht und dann diese Beschäftigen entlassen will, weil die Firma angeblich zu wenig verdient, legt offenkundig die Axt an die soziale Marktwirtschaft", sagte Bütikofer. Als "primitiven Raubtierkapitalisten" bezeichnete der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion Die Linke im Bundestag, Ulrich Maurer, das skandinavische Unternehmen: "Was Nokia mit den Beschäftigten des Bochumer Werks treibt, kann man nur noch als pervers bezeichnen."

In der vergangenen Woche hatte Nokia bekanntgegeben, 2007 weltweit einen Reingewinn von 7,2 Milliarden Euro gemacht zu haben - eine Steigerung um 67 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Umsatz wuchs um 24 Prozent auf 51,1 Milliarden Euro. Die Umsatzrendite betrug im 4. Quartal stolze 15,9 Prozent.


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