07.02.2008

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taz

* NRW will Subventionen zurück
Von Pascal Beucker 

Der abwanderungswillige Handyhersteller Nokia soll wegen nicht eingehaltener Arbeitsplatzzusagen Millionen zurückzahlen. Konzern reagiert erstaunt.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung will Nokia kräftig zur Kasse bitten. Subventionen in Höhe von 41 Millionen Euro soll der abwanderungswillige Handyhersteller wegen nicht eingehaltener Arbeitsplatzzusagen zurückzahlen. "Wir haben den Vorgang sehr eingehend geprüft und müssen dies im Interesse des Steuerzahlers tun", sagte Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) der taz.

Thoben wirft dem finnischen Konzern vor, die im Gegenzug für die öffentliche Förderung zugesagte Zahl von 2.680 Arbeitsplätzen deutlich unterschritten zu haben. Nokia habe das vereinbarte Soll in seinem Bochumer Werk im Jahr 2002 um 318, im Jahr 2003 um 368 und im Jahr 2004 um 347 Beschäftigte verfehlt. Deshalb habe das Wirtschaftsministerium die für Subventionen zuständige landeseigene NRW-Bank jetzt angewiesen, die in den Jahren 1998 und 1999 gezahlten Investitionshilfen zurückzufordern. Dies habe die Bank bereits an Nokia weitergeleitet. Das Unternehmen hat jetzt eine Erklärungsfrist von einer Woche.

Die Reaktion von Nokia folgte umgehend. Am finnischen Stammsitz in Espoo erklärte Konzernsprecherin Arja Suominen, die Forderungen aus Düsseldorf seien "ohne Grundlage". Nokia sei "fest überzeugt, korrekt gehandelt zu haben". So habe das Unternehmen "die Bedingungen nicht nur erfüllt, sondern sogar mehr als erfüllt". Statt der verlangten Arbeitsplatzzahl sei dank zusätzlicher Investitionen ab 2001 eine durchschnittliche Zahl von 3.200 Mitarbeitern in Bochum beschäftigt gewesen. Die Rechnung hat allerdings einen Haken: In sie sind auch Zeit- und Leiharbeitsplätze einbezogen. Das NRW-Wirtschaftsministerium beharrt aber darauf, vereinbart gewesen sei die Schaffung von 2.860 "unbefristeten, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen".

Das Bochumer Betriebsratsmitglied Wolfgang Siebert begrüßte die Rückforderung: "Vielleicht erhöht das den Druck auf die Geschäftsführung." Die aus Bochum stammende Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen (Die Linke) wunderte sich allerdings, dass die Nichteinhaltung der Subventionsbedingungen erst jetzt im Zuge der angedrohten Werksschließung auf den Tisch kommt. "Die Verschleuderung öffentlicher Gelder ohne sorgfältige Kontrolle scheint seit Jahren Praxis gewesen zu sein", kritisierte sie. Beim politischen Aschermittwoch der CSU attackierte der bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein das Nokia-Management: "Die wollen Kapitalismus pur." Solche Manager würden die soziale Marktwirtschaft kaputtmachen.


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