09.02.2008

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taz

* Die Jobstreicher
Von Pascal Beucker 

Die drittgrößte Landesbank Deutschlands, die WestLB, hat durch Spekulationen und Immobilienkrise Milliardenrisiken aufgehäuft. Das Land und die Sparkassen legen nun einen Sanierungsplan vor: Abbau von 1.500 Jobs und staatliche "Risikoabschirmung".

Die WestLB war einst Motor und Finanzier der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen. Jetzt trägt die Landesbank massiv zum Jobabbau bei. Bis zum Jahr 2010 sollen zwischen 1.300 und 1.500 Stellen bei der Düsseldorfer Bank verschwinden. Nach Nokia in Bochum erneut ein schwerer Schlag für das bevölkerungsreichste deutsche Bundesland.

Die Reduzierung solle "so sozialverträglich und kooperativ wie möglich" gestaltet werden, versprach Stuhlmann. Ein Stellenabbau sei zwar "immer eine bittere Maßnahme". Aber die Situation der WestLB lasse "keine andere Möglichkeit" zu. Das Geldinstitut hat seit 1999 seine Mitarbeiter von 11.000 auf zuletzt 5.900 reduziert - die halbstaatliche Bank gehört zu den eifrigsten Jobstreichern. Trotzdem beteuerte auch der Finanzminister Helmut Linssen (CDU): "Uns bleibt keine Alternative, wenn wir die verbleibenden Arbeitsplätze retten wollen." Im Inland wie im Ausland sollen Stellen abgebaut werden.

Der Personalabbau ist Teil einer Sanierung, mit der die öffentlich-rechtlichen Anteilseigner der WestLB die durch Aktienspekulationen und die US-Immobilienkrise schwer angeschlagene Geschäftsbank retten wollen. Insgesamt sollen Kosten in Höhe von 300 Millionen Euro eingespart und durch eine "Sparkassen- und Mittelstandsoffensive" die Erträge um rund 100 Millionen Euro erhöht werden.

Außerdem einigten sich die Eigentümer auf eine sogenannte Risikoabschirmung: hoch risikobehaftete Wertpapiere im Nennwert von rund 23 Milliarden Euro sollen in eine Zweckgesellschaft ausgelagert werden, die laut Bank "durch eine Garantie der Eigentümer für tatsächliche Zahlungsausfälle in Höhe von bis zu fünf Milliarden Euro abgesichert" werde. Zu Deutsch: Das Land NRW und die Sparkassen haften für die Verluste. Zwei Milliarden Euro hatten die Eigentümer bereits in einer Erklärung Mitte Januar zugesagt. Für die restlichen drei Milliarden will jetzt allein das Land geradestehen.

Falls Nordrhein-Westfalen tatsächlich zahlen muss, darf es sich im Gegenzug an den WestLB-Anteilen der Sparkassen bedienen - womit sich die Besitzverhältnisse an der WestLB zugunsten des Landes verschieben würden. Letztlich zahlt der Steuerzahler, denn das Geld, das Land und Sparkassen zur Rettung der WestLB aufbringen, fehlt in den öffentlichen Haushalten.

Bislang halten die zwei großen nordrhein-westfälischen Sparkassenverbände die Mehrheit an der WestLB: Der Rheinische Sparkassen- und Giroverband (RSGV) und der Westfälisch-Lippische Sparkassen- und Giroverband (WLSGV) verfügen über je 25 Prozent der Anteile. Das Land Nordrhein-Westfalen hält 17,47 Prozent. Außerdem besitzt noch die NRW-Bank 31,116 Prozent. Deren Eigentümer sind neben dem Land wiederum öffentliche Gemeinwesen - die beiden Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe.

Seit Jahren schon sorgt die WestLB für Negativschlagzeilen: Allein 2002 und 2003 summierten sich die Verluste unter dem Strich auf rund 3,6 Milliarden Euro. Verantwortlich dafür waren nicht zuletzt hochriskante Auslandsgeschäfte. Besonders die aus London gesteuerten Geschäfte mit Spezialfinanzierungen liefen völlig aus dem Ruder. Wegen des Verdachts der Untreue muss sich deshalb zurzeit der damalige Vorstandschef Jürgen Sengera vor dem Landgericht Düsseldorf verantworten. Auch sein Nachfolger Thomas Fischer agierte nicht erfolgreicher. Vor allem durch Fehlspekulationen mit Aktien großer deutscher Unternehmen während seiner Amtszeit fuhr die WestLB für das Geschäftsjahr 2007 ein Minus von einer Milliarde Euro ein. Eine weitere Milliarde kommt durch Abschreibungen auf Wertpapiere hinzu. Auch gegen den im Sommer vergangenen Jahres abgelösten Fischer leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren ein.


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