15.02.2008

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taz

* Der Postmann muss zur Polizei
Von Pascal Beucker 

Der Chef der Post, Klaus Zumwinkel, soll eine Million Euro Steuern hinterzogen haben. Ermittler durchsuchen sein Haus, er will weitermachen.

Am Donnerstagmittag um 12.16 Uhr tauchen zwei silberne Limousinen mit aufgesetztem Blaulicht vor dem mit Flatterband abgesperrten Anwesen Klaus Zumwinkels auf. Das Tor zur Villa des mächtigen Post-Chefs im noblen Kölner Stadtteil Marienburg öffnet sich. Die beiden gepanzerten Mercedes fahren rückwärts in die Einfahrt und parken direkt vor der Treppe des Hauseingangs.

In Begleitung seines Anwalts und umgeben von Ermittlungsbeamten verlässt Zumwinkel seine Wohnung. Er blickt ernst. Ohne Kommentar steigt der 64-jährige Topmanager in das vordere Polizeiauto. Dann brausen die Wagen davon - ab zur Vernehmung nach Bochum, zur Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftssachen. Der Verdacht: Steuerhinterziehung in Millionenhöhe.

Die Ermittler waren am Morgen bereits um sieben Uhr bei Zumwinkel aufgetaucht. Es dauerte eine ganze Weile, bis den zehn Beamten der Steuerfahndung die Tür geöffnet wurde. Bis Zumwinkels Anwälte eintrafen, vergingen fast zwei Stunden. Eine weitere Stunde später erschien ein zweiter Anwalt. Dessen Frankfurter Kanzlei ist nach ihren eigenen Angaben "ausschließlich im Bereich des Strafrechts und dort insbesondere im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts tätig". Auskünfte zur Sache jedoch erteilt erteilten sie nicht. "Wir dürfen hier keinerlei Auskunft geben", sagte ein Beamter. Nach mehr als fünf Stunden ging die Aktion auf ihr Ende zu. Auch die Fahnder verließen das Haus - mit dicken Aktenordnern und Kisten mit Unterlagen.

Erst am Nachmittag gab sich die Bochumer Staatsanwaltschaft etwas auskunftsfreudiger. Mit Unterstützung mehrerer Steuerfahndungsstellen des Landes und der Kriminalpolizei führe sie "gegen mehrere Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Geldanlagen in Liechtenstein", teilte die Behörde schriftlich mit. Im Zuge dieses Verfahrens seien mehrere Objekte durchsucht worden, darunter auch Zumwinkels Büro in der Bonner Post-Zentrale. Wie es heißt, soll die Operation seit Wochen unter strengster Geheimhaltung geplant worden sein.

Zumwinkel stehe in Verdacht, "mittels Geldanlagen in liechtensteinischen Stiftungen Steuern in einer Größenordnung von rund einer Million Euro hinterzogen zu haben", ließ die Staatsanwaltschaft wissen. Ein gegen ihn bestehender Haftbefehl sei allerdings auf Antrag der Staatsanwaltschaft gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Der Beschuldigte habe sich zum Vorwurf eingelassen und eine Sicherheitsleistung in "nicht unerheblicher Höhe" angeboten. Weitere Angaben könnten aus ermittlungstaktischen Gründen derzeit nicht gemacht werden.

Die Politik reagierte vorsichtig - Reaktionen aus Berlin blieben weitgehend aus. "Wenn sich die Vorwürfe erhärten sollten" - dann müsse der Fall natürlich Konsequenzen haben, hieß es. Am schnellsten reagierte die Börse auf die Steuerrazzia bei Vorstandschef Klaus Zumwinkel. Die Titel der Deutschen Post setzten sich mit einem Plus von 3,8 Prozent auf 22,48 Euro an die Spitze des DAX, der am frühen Nachmittag 0,5 Prozent höher bei 7008 Punkten notierte. Der Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Jürgen Kurz, erklärte dies damit, dass die Vorwürfe gegen den Konzernchef "nicht ganz so dramatisch" seien. Sie kämen "in einer Phase, in der das Unternehmen den Wechsel eh schon geplant hat. Es kann damit umgehen", sagte Kurz.

Der größte Einzelaktionär der Post AG, nämlich der Bund, reagierte auf die Ermittlungen gegen Klaus Zumwinkel zunächst zurückhaltend. "Das haben wir nicht zu kommentieren", sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums.

Die Post zog aus dem Verdacht gegen ihren Chef diesen Schluss : Sie belässt ihn im Amt. Der gesamte Vorstand, so teilte der Konzern mit, sei "vollständig handlungsfähig und führt seine Geschäfte wie gewohnt fort" - inklusive Zumwinkel.


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